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Montag, 19. Januar 2015

Interstellarer Rant

Komme gerade aus Interstellar und muss sagen: richtig schlechter Film. Und damit beziehe ich mich mal gar nicht so sehr auf den Schluss, den ja viele andere (Hobby-)Kritiker anprangern. Der hätte mich wahrscheinlich mehr gestört, wenn ich nach fast dreistündiger Spielzeit irgendwelche emotionalen Aktien in die Charaktere oder das Schicksal der dargestellten, endenden Welt inverstiert gehabt hätte, anstatt darauf zu warten, das Mettwurst McConaughey (ernsthaft, der sollte mal zum Dermatologen) endlich das Zeitliche segnet (was er dann ja irgendwie auch macht, als er behutsam mit zwei Fingern an den Zeitfädchen zupft...).

Nein, mir geht es vielmehr um handwerkliche Punkte, denn wie Oli schon kurz in seinem Jahresrückblick erwähnt hat, wirkt der gesamte Plot sehr konstruiert. Charaktere tun Dinge, die nur schwer nachvollziehbar sind und daher viel mehr als Mittel zum Selbstzweck verkommen, wobei der Selbstzweck hier mehr ist, die CGI Muskeln spielen zu lassen als eine koherente Story voranzutreiben. Trotz der enormen Spielzeit und dem unzweifelhaften Versuch, eine Bindung zwischen Cooper (McConaughey) und seiner Tochter Murph aufzubauen und diese ins emotionale Zentrum der Geschichte zu stellen, transportierte diese Beziehung für mich nie die unmittelbare Bedrohung, nämlich, dass die Ganze Menschheit auf dem Spiel steht.
Dazu sieht man einfach zu wenig von der Welt, denn bis auf Coopers Familie und einer Handvoll NASA Nasen bekommt man von der Welt und ihrer Nahrungskrise nichts gezeigt. Die globale Bedrohung wird in einem Mikrokosmos dargestellt, der nicht sehr überzeugend aussieht und für mich eher so wirkte, als hätten der Cast, die Spezialeffekte und die ganzen GoPros das Budget aufgefressen, so dass man sich keine Dreherlaubnis in großen Städten mehr erlauben konnte (wobei, für Detroid hätte es doch sicher noch gereicht, oder? Da hätte man nicht mal so viel Umbauen müssen, um ne gute Darstellung einer globalen Krise zu bekommen...).
Allgemein wirkt "die Menschheit" im Angesicht ihrer fast unmittelbaren Ausrottung recht gelassen. Man geht zu Baseball-Spielen, hat genügend Ressourcen Kleidung trotz des ständigen Staubs sauber zu halten, Friseure scheinen auch alle noch zu arbeiten, und für ein tadelloses Makeup muss auch im Angesicht der Apokalypse noch Zeit sein. Überhaupt sollte man glauben, dass mehrere Regierungen auf die Idee kämen, ein paar Leute ins plötzlich aufgetauchte Wurmloch zu schicken (dessen Auftauchen im Übrigen nie erklärt wird, sondern, wie so vieles andere im Film, einfach passiert ist). Will sagen: die gezeigte Welt wirkt nicht glaubhaft und man hat das in anderen Filme, wie z.B. Contact oder Deep Impact schon wesentlich besser rüber gebracht. Und wenn jemand gegen diese Filme abstinkt, dann will das schon was heißen...
Wenn ein Film schon die gesamte Welt aufs Spiel setzt, dann will ich von dieser Gefahr auch etwas sehen, und nicht nur ständig davon erzählt bekommen. Gerade in so einem visuell ambitionierten Film kam mir das einfach zu kurz. Wieso wird mir dreimal gezeigt, wie schwer es ist, an eine Raumstation anzudocken, und das nur Mr. McCo(ck)naughey das auch bei einer Eigenrotation von 86 rpm kann? Verarbeitet Nolan damit irgendwelche privaten Probleme?

Zurück zum Cast: Keiner der Nebencharaktere war tief. Selbst Anne Hathaway, die ja kurz drohte in die Rolle des Love-Interest abzurutschen, verkam dann zur nichtsnutzigen, rumbitchenden Damsel in Distress, die nur dazu da war, schlechte Entscheidungen zu treffen und einen wahnwitzigen Monolog zum Thema Liebe abzuliefern, der ungefähr so gut zu ihrem abweisenden, kalten Charakter passte, wie ein Veganer zur World Championship im Hotdog-essen. Oh ja, und um uns nach gefühlten zwei Stunden daran zu erinnern, warum sie überhaupt mit an Bord dieser Mission ist, als sie Cooper beiläufig darauf hinweist, dass sie ja die Expertin ist, wenn es um das Bevölkern anderer Planeten geht (Exposition 101). Vermutlich wurde das schon früher im Film gesagt, aber zu diesem Zeitpunkt war es für mich so ein A-ha Effekt: deswegen ist die also da.

A-ha

Am Ende war sie dann wohl doch wieder sowas wie der Love Interest, was glaube ich Coopers Entscheidung, ein Raumschiff zu stehlen und wieder in ein Wurmloch zu fliegen, motivieren sollte. Vielleicht wollte er ihr zeigen, wo er das Andocken bei 86 rpm gelernt hat.

Aww Yeah!


Naja, ich könnte mich jetzt noch weiter über die völlig hineinkonstruierte Rolle von Matt Damon auslassen, mich über den lächerlich wirkenden Faustkampf auf dem Eisplaneten aufregen, oder mich fragen, warum Coopers Tochter am Ende ihren Vater quasi anstiftet, Brand zu suchen... (das ist ja quasi Brandstiftung!) sie weiß doch überhaupt nichts von den beiden (also ungefähr so viel wie der Zuschauer weiß)... aber dann müsst ich ja eigentlich doch ganz vorne anfangen und den ganzen Film auseinander nehmen und bei der indischen Drohne beginnen, die vermutlich nur dazu da war, um eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen (was nicht funktioniert hat), oder das plötzliche Auftauchen von Topher Graces Charakter erwähnen (dessen Namen ich nicht mal behalten konnte), der nur dazu war, dem Zuschauer von einer weiteren "unmittelbaren Bedrohung" zu erzählen (denn die paar leichte Huster von Murphs Schwägerin und ihres Neffen haben für mich jetzt noch nicht bedeutet, dass die beide kurz vor dem Exodus stehen), was dann zusammen mit dem völlig unerklärlichen Verhalten ihres Mannes (Coopers Sohn) einen weiteren völlig sinnfreien Konflikt erzeugte, der nur dazu da war, künstlich Spannung zu erzeugen, eine Art "letzte Chance" für Cooper, die "Formel" in Morse-Code (!) an seine Tochter zu übermitteln, da sie ja sonst nie wieder zurück zu ihrem Elternhaus kommen würde um die Uhr zu finden. Man sollte glauben, dass jemand, der irgendwie zwischen der Zeit hin und herschweben kann und sie physisch wahrnehmen kann, Zeitdruck nicht existiert, oder?


Murph hatte im Übrigen keinen Grund zu glauben, ihr "Geist" sei ihr Vater. Aber vielleicht war das ja die "Liebesdimension" von der Brand vorher gesprochen hatte, über die ihr das vermittelt wurde... bei dem Monolog hatte ich zugegebenermaßen zur Hälfte abgeschaltet.
Vermutlich war das aber der Schlüsselmoment, um die Ganze Geschichte zu verstehen: "All you need is love", wie der Philosoph Lennon einst verkündete. Aber wenn das schon die zentrale Botschaft eines dreistündigen Films sein will, wieso wird sie dann von dem kältesten Charakter übermittelt, der (auch das wird uns nur am Rande erzählt), in ein Mitlgied einer der vorherigen Missionen verliebt ist und deswegen lieber zu Planet X als zu Planet Y fliegen möchte. Lieber Christopher Nolan, mal unter uns: wenn Du möchtest, dass ich zwischen zwei Charakteren Affektion empfinden soll, wäre ein guter Anfang, mir zumindest beide Personen mal zu zeigen, und mir nicht nur am Vorbeigehen zu erzählen: die ist verliebt in einen.

So, nu aber wirklich Schluss, dass war ne Menge Rant für einen Filmemacher, den ich ja eigentlich ganz gern hab (und ich würde euch das auch zeigen, und nicht nur sagen, wenn ich könnte) und auch dafür, das Thema Zeitreisen oder allgemeiner Zeitmanipulation überhaupt nur kurz anzuschneiden. Ich bin gespannt, wo es mit Mr. Nolan in Zukunft hingeht, zumindest für mich waren sowohl The Dark Knight Rises als auch zuvor Inception Anzeichen, dass er so langsam unter seinen eigenen Ambitionen in die Knie gehen könnte. Interstellar nun ist für Nolan das was Prometheus für Scott war, zumindest gesellen sich bei mir beide Filme in die selbe Schublade, ganz unten, voller Staub und schwarzem Glibber.