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Donnerstag, 7. Januar 2016

Indiana's Top Ten des Kinojahres 2015




"Honorable mentions", welche meine Top Ten knapp verpasst haben: John Wick, Bridge of Spies, Chef - Kiss the Cook, The Drop, Wild Tales, Cinderella, The Man from U.N.C.L.E., Inherent Vice!

10. Kingsmen – The Secret Service
Nach dem ersten Trailer hatte ich "Kingsmen" eigentlich schon als billige 0815-Action abgestempelt. Glücklicherweise habe ich mich trotzdem ins Kino getraut und wurde mit einem der unterhaltsamsten Filme des Jahres belohnt. Vielmehr möchte ich zu diesem Schmuckstück gar nicht sagen, da es glaube ich am besten ist, wenn man den Film mit möglichst wenig Vorwissen und tiefen Ansprüchen geniesst. Wer "Kick-Ass" mochte, kann hier aus meiner Sicht bedenkenlos zugreifen, da die humorvolle, actionlastige und teilweise auch brutale Inszenierung durchaus vergleichbar ist. Und ein Film, der Ernest Hemingway zitiert, kann ja wirklich nicht so schlecht sein: "There is nothing noble in being superior to your fellow man; true nobility is being superior to your former self."

 
9. Mad Max – Fury Road
Ich glaube nichts, was man über “Fury Road” schreibt, könnte Skeptiker davon überzeugen, sich den Film anzusehen… Im Grunde sieht man dabei zu, wie ein riesiger Lastwagen eine Stunde lang in eine Richtung fährt, um dann wieder umzukehren und den gleichen Weg zurück zu fahren… Warum ist "Fury Road" trotzdem einer der besten Filme des Jahres? Es gibt viele Gründe: Tom Hardy als titelgebender Held; Chalize Theron als Imperator Furiosa; die Besinnung auf das Wesentliche; die überragenden, meist handgemachten Effekte und Stunts; der Soundtrack; die atemlose und spektakuläre Inszenierung; unglaublich kreative Ideen wie z.B. sämtliche Fahrzeuge oder den vor einen Truck gespannten Gitarristen, der die Kolonne des Tyrannen Immortan Joe mit einem rockigen Sound begleitet. Es ist wirklich grosses Kino, mit welcher Konsequenz und welchem Erfolg Regisseur George Miller seine eigene bereits etwas angestaubte Film-Franchise wiederbelebt. Tom Hardy gelingt es als wortkarger Held dabei spielend, in die grossen Fussabdrücke von Mel Gibson zu treten. Kritiker bemängelten teilweise, dass Max in Fury Road oft eine zu passive Rolle einnimmt und eigentlich Charlize Theron als Imperator Furiosa zu grossen Teilen als Hauptcharakter auftritt. Das ist zwar teilweise richtig, stört aber in keinster Weise. Im Gegenteil tut dem Film und der ganzen Franchise eine starke Frauenrolle überaus gut. Auf diesem Niveau dürfen gerne weitere Mad Max Filme folgen!


8. Ex Machina
Nathan - gespielt von Oscar Isaac – glaubt in Ava – gespielt von Alicia Vikander – die perfekte künstliche Intelligenz geschaffen zu haben. Um dies zu überprüfen lädt er den Programmierer Caleb – gespielt von Domhnall Gleeson – in seine abgelegene Residenz ein, um Ava dem sogenannten Turing-Test zu unterziehen. Zwischen den Dreien entwickelt sich ein nervenaufreibendes Katz-und-Maus Spiel, dessen Ausgang bis zum Schluss völlig offen erscheint und in seiner Konsequenz überrascht. In dem Film von Alex Garland brillieren drei der aufstrebendsten Talente Hollywoods, nicht umsonst konnten Oscar Isaac und Domnhall Gleeson im neuesten "Star Wars" eine Rolle ergattern. Und um Alicia Vikander, davon bin ich felsenfest überzeugt, wird in den nächsten Jahren niemand herum kommen. Kürzlich brillierte sie im höchst amüsanten Agentenfilm „Codename U.N.C.L.E.“ und wurde ausserdem für ihre Rolle in „The Danish Girl“ als „Beste Hauptdarstellerin – Drama“ für einen Golden Globe nominiert und auch eine Oscarnominierung scheint nicht weit entfernt.


7. Birdman
Klar, wenn ein Film in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch und Beste Kamera den Oscar gewinnt, dann kann er qualitativ nicht ganz schlecht sein. Vielmehr muss man zu "Birdman" also eigentlich nicht mehr schreiben, um Platz 7 in der Jahresbestenliste zu rechtfertigen. Hervorzuheben sind sicher auch die schauspielerischen Leistungen von Michael Keaton und vor allem Edward Norton, auch wenn es für beide „nur“ zu einer Oscarnominierung gereicht hat. Ein weiteres Highlight ist die Tatsache, dass der Film so wirkt, als wäre er komplett ohne Schnitt gedreht. Tatsächlich hat Iñárritu ein paar wenige Schnitte gesetzt, diese aber wirklich fantastisch versteckt. "Birdman" ist nicht immer ganz einfach, aber absolut empfehlenswert!


6. The Book of Life
Ein überaus sympathischer und knallbunter Animationsfilm vom bisher völlig unbekannten Animationsstudio Reel FX Creative Studios. Da der Film unter anderem von Guillermo del Toro produziert wurde, dürfte es nicht überraschen, dass „The Book of Life“ im Grunde eine Hommage an den mexikanischen Tag der Toten ist. Der Kampf zweier Jugendfreunde Manolo und Joaquin um das Herz von Maria steht dabei stellvertretend für den Kampf zwischen Gut und Böse oder Himmel und Hölle, im Film toll dargestellt durch die beiden Figuren „La Muerte“, Herrin des Reiches der Erinnerten, und „Xibalbá“, Herr des Reiches der Vergessenen. Beide wetten zu Beginn des Filmes miteinander darum, welcher der beiden Freunde Maria einmal heiraten wird. Der Humor, die Sentimentalität und die Abwechslung zwischen ruhigen Sequenzen, Slapstick, Liedern und actiongeladenen Szenen machen „The Book of Life“ dabei zu einem absoluten Highlight für Gross und Klein! 


5. Star Wars – The Force Awakens
Klar, jeder Star Wars Fan wird sich bereits seine Meinung über „The Force Awakens“ gebildet haben… Und es wird wieder viele „Hater“ geben, die genügend Gründe finden dürften, um sich zu empören. Diesen Leuten ist dann aber wirklich nicht mehr zu helfen und ich unterstelle jetzt einfach mal jedem, der „The Force Awakens“ als schlechten Film bezeichnet, dass er jede beliebige andere Version auch schlecht gefunden hätte. Natürlich ist „The Force Awakens“ kein perfekter Film, es gibt ein paar kleine Probleme. Aber diese Probleme kann man bei der alten Trilogie teilweise ebenso finden, wenn man diese genauso kritisch beäugt. Insgesamt gelingt „The Force Awakens“ aber vieles, worauf die Star Wars Fans hoffen konnten. Er distanziert sich von den unsäglichen Episoden 1 bis 3, ermöglicht ein Wiedersehen mit liebgewonnenen Charakteren (allen voran Chewie und Han), etabliert gekonnt und kurzweilig eine neue Riege junger Helden, bietet mit Kylo Ren einen vielschichtigen Bösewicht (dessen Entwicklung in den nächsten Filmen sehr interessant zu beobachten sein wird) und entführt den Fan für zwei Stunden in eine weit, weit entfernte Galaxis. Wie bereits erwähnt vielleicht kein perfekter Film, aber perfekt gemachte Unterhaltung!


4. Youth
Ein alternder Komponist (Michael Caine), der eigentlich bereits mit seinem Beruf abgeschlossen hat, und ein verbrauchter Regisseur (Harvey Keitel), dessen letzter Film zu seinem "Vermächtnis" werden soll, sind die Hauptcharaktere in diesem wundervoll skurrilen Film von "La Grande Bellezza" Regisseur Paolo Sorrentino, der in einem Luxushotel in den Schweizer Alpen spielt. Die gegensätzlichen Lebenseinstellungen der beiden alten Freunde, wunderbare Nebencharaktere, subtile Situationskomik und nicht zuletzt das wunderbare, traurige und zugleich zufriedenstellende Ende machen aus diesem Film etwas besonderes. Sehr ruhig und langsam erzählt. So ist "Youth" ein willkommener Kontrast zur üblichen Hollywood-Massenware. 


3. St. Vincent
Bill Murray spielt Bill Murray. Er scheint die Rolle des schlecht gelaunten alten Typen (hier mit grossem Herzen, auch wenn er es zu verstecken versucht) irgendwie gepachtet zu haben. Warum kann ich mich trotzdem nicht daran satt sehen? Mit grosser Wahrscheinlichkeit liegt es an… Bill Murray. Natürlich kann ein Film nur wegen eines bestimmten Schauspielers nicht der drittbeste Film des Jahres sein… Kombiniert man Bill Murray aber mit einem tollen Ensemble und einem klasse Drehbuch, so wie eben in „St. Vincent“, dann kann das schon einmal passieren! Wahrscheinlich wird dieser Film nicht in vielen Jahres-Best-Of-Listen auftauchen, aber mich hat er einfach sofort gepackt und berührt und mich auch nach dem zweiten Sehen nicht losgelassen!


2. Whiplash
Regisseur Damien Chazelle hatte seine liebe Mühe, Geldgeber für sein Drehbuch zu „Whiplash“ zu finden. Also ging er einen Umweg und produzierte eine Kurzversion des Films (ebenfalls mit J.K. Simmons in der Rolle des tyrannischen Musiklehrers), welche am Sundance Film Festival 2013 mit Begeisterung aufgenommen wurde. Durch die Publicity konnte er Produzenten auf sich aufmerksam machen und die Langversion des Filmes erneut mit J.K. Simmons und diesmal mit Miles Teller in der Hauptrolle des aufopferungsvollen Schülers realisieren. Beim Sundance Film Festival 2014 wurde die Langversion von Publikum und Kritikern überschwänglich gefeiert und mit dem Grossen Preis der Jury und dem Publikumspreis bedacht. Auf dieser Euphoriewelle surfte der Film weiter bis zu 5 Oscar-Nominierungen (u.a. Bester Film) und 3 Oscar-Auszeichnungen (u.a. J.K. Simmons als Bester Nebendarsteller). All die Preise und Lobhudeleien hat der Film aus meiner Sicht zu 100% verdient, denn auch für mich gehört er zu den absoluten Topfilmen des Jahres 2015, vor allem aufgrund der herausragenden Leistungen von Teller und Simmons!


1. Inside Out
Für mich persönlich ist "Inside Out" nicht nur der beste Film des Jahres 2015, sondern auch der beste Film, den Pixar bis jetzt produziert hat. Ich hatte gegen Ende des Filmes vollkommen vergessen, dass ich einen Animationsfilm schaue, bei dem die Hauptfiguren die Gefühle im Kopf eines jungen Mädchens sind: Wut, Angst, Freude, Ekel und Kummer. Ich habe mit dem jungen Mädchen und seinen verschiedenen Gefühlen gelacht, gehofft, geweint und gelitten. Gleichzeitig schenkt uns Regisseur Pete Docter viele Momente, die uns zum Nachdenken anregen. Mag sein, dass der Film für Kinder nicht ganz einfach ist. Für Erwachsene, oder zumindest für mich, ist er perfekt.

  

Mittwoch, 12. August 2015

Rampage - Uwe Boll kann's auch toll

Mittlerweile als Alleinunterhalter in diesem Blog fungierend, erlaube ich mir eine enorme Anmaßung: Ich schreibe über einen UWE BOLL Film! Noch skandalöser als dieser Umstand an sich fällt vermutlich das Fazit aus. Das nur schon mal als Vorwarnung. Evtl. kann ich ja so meine inaktiven Kollegen aus der Reserve locken.
 

Der TV-Sender TELE5 hat sich in meinen Augen in den letzten Monaten in einer sonst tristen Zeit unaussprechlich schmerzhafter, deutscher Fernsehfolter zu einem Leuchtturm zeitweiligen Unterhaltungswerts gemausert. Hauptanteil hat hierbei vor allem die regelmäßig ausgestrahlte Trashfilm-Feier SchleFAZ, aber auch andere Themenabende sorgen immer wieder dafür, dass ich spontan beim Zappen hängen bleibe.
So geschehen neulich, als TELE5 eine ganze Woche dem deutschen Starregisseur Uwe Boll gewidmet hat, der übrigens jeden gezeigten Film in einer Art klassischer Anmoderation persönlich präsentieren durfte - geil!

Gottseidank verpasst habe ich Alone In The Dark, obwohl ich ja zugeben muss, den schon mindestens eineinhalb Mal gesehen zu haben. Im Anschluss sehe ich also, wie Mr. Boll höchst selbst seinen sozialkritischen Actionfetzer Rampage ankündigt.
Rampage? Bei dem Namen klingelte es schal südwestlich meines linken Stirnlappens. War nicht erst vor kurzem ein Video von Uwe Boll durch die sogenannten sozialen Netzwerke gegeistert, in dem er eine Schimpftirade auf etablierte Hollywoodgrößen ablässt und sich darüber echauffiert, dass sein eigenes neustes Projekt, das selbstredend im Gegensatz zum Bonbon-Actionrotz des ganzjährlichen, amerikanischen Actionkinos einen richtig guten Film ergäbe, keine Finanzierung zustande bekäme? Dem Smartphone sei Dank konnte ich parallel zum Filmbeginn Pete’s letzte SMS überprüfen und siehe da: Da war der Link auf eben jenes Wutpamphlet. Und der Name des Films, den Uwe Boll so gerne noch gemacht hätte lautete Rampage 3.

Derart angefixt blieb mir natürlich nicht viel anderes übrig, ich sah mir den Film an. Ganz.

Ein kurzer Umriss zum Inhalt: Der junge Bill Williamson (stark gespielt von Brendan Fletcher) lebt in einer amerikanischen Kleinstadt. Er kommt aus einem eigentlich geregelten Elternhaus, doch selbst mit dieser Ausgangslage schafft es Bill nicht, für sich einen Platz im allgemeinen Alltagsleben zu finden. Der introvertierte junge Mann hat das aber auch gar nicht vor. Statt sich einen guten Job zu suchen, trifft er sich lieber mit seinem einzigen Freund Evan (ebenfalls überzeugend: Shaun Sipos) zum Paintball-Spielen im nahegelegenen Waldstück. Das Duo hat sich offenbar gesucht und gefunden, denn abseits ihres Paintball-Hobbies eint sie ihre Abneigung gegenüber der etablierten Gesellschaft. Stundenlang schimpfen sie über die Regierung und festgeschriebene Werte und Strukturen.
Was die beiden jungen Männer jedoch unterscheidet, ist die Herangehensweise an das Thema. Denn während Evan seine anarchischen Gewaltphantasien großmäulig herumposaunt, tüftelt Bill an einer ganz eigenen Idee. Heimlich, still und leise hat er in seinem Zimmer nämlich eine beeindruckende Waffensammlung angehäuft. Nicht mal Evan weiß, dass er sich außerdem einen kugelsicheren Körperpanzer gebastelt hat. Mit einem exakten Plan im Hinterkopf legt Bill eines Tages seine Panzerung an und startet einen verheerenden Amoklauf.

Bill Williamson hält seine Weltanschauung per Webcam fest
Näheres will ich erstmal nicht verraten, denn ob man's glaubt oder nicht: Was Drehbuchautor und Regisseur Boll hier fabriziert hat ist weit weg davon, als Gülle bezeichnet werden zu müssen. Selbst die eigentlich simple Prämisse des Filminhalts lässt nicht auf die tatsächlich intelligente Geschichte schließen, die hier erzählt wird. Ich kann selbst nicht ganz glauben, dass ich das mal so explizit formuliere, aber mit Rampage ist Uwe Boll ein echt guter Film gelungen.

Inszenierungstechnisch geht Boll zudem kein Risiko ein. Vorbei scheint sie zu sein, die Zeit der CGI-Experimente, kruder Ausleuchtungsmissgeschicke oder Schnittfiaskos. Der einzige filmische Kniff, den er zeigefreudig anwendet, ist die heutzutage fast schon wieder altbackene Shaky-Cam und die passt zur Darstellung des Amokterrors eigentlich sehr gut. Von daher: Alles richtig gemacht!
Die Präsentation des eigentlichen Amoklaufs verkommt dadurch auch nie zum voyeuristischen Actionspektakel, sondern fußt möglichst nah an der Wirklichkeit. Diese realitätsnahe Darstellung sorgt dafür, dass der nicht komplett abgestumpfte Zuschauer sich durchaus unbehaglich fühlen darf.
Aber trotz des hohen Gewaltgrades gelingt Uwe Boll ein echt erstaunlicher Kunstgriff, indem er es schafft, den fast schon soziopathischen Protagonisten sympathisch zu machen! Und das alles, obwohl wir gar nicht viel von ihm erfahren. Warum entschließt er sich zu dieser Bluttat? Typische Klischees lässt Boll zum Glück außen vor. Bill hat keine Heavy Metal Poster in Zimmer, er läuft nicht rum wie ein Grufti und man sieht nicht wie er Killerspiele spielt. Erst zum Ende des Films wird seine Motivation näher beleuchtet, was schlagartig ein ganz neues Licht auf den Massenmörder wirft.

Eine private Waffensammlung und etwas Bastelgeschick - hoffentlich kommt keiner in Echt auf so eine Idee
Dadurch gewinnen auch einige vorherige Filmszenen plötzlich an Bedeutung. Wenn Bill offenbar wahllos Passanten erschießt, einen Kosmetiksalon aufmischt oder im Nebenbei noch eine Bankfiliale überfällt bleibt einem als Zuschauer fast gar keine andere Wahl, als psychologische Mutmaßungen zu stellen, um die eiskalte Bluttat in irgendeiner Form erklärbar zu machen. Dabei kommt Boll natürlich entgegen, dass sein Hauptdarsteller Brendan Fletcher die ganze Situation wirklich authentisch rüberbringt.
Zum Schlagwort Authentizität gibt es zudem eine beispielhafte Szene, die sich in einer Bingo-Halle abspielt und die ich wirklich äußerst gelungen finde. Der schwer bewaffnete Amokschütze betritt das Gebäude in voller Montur, doch die ganzen Senioren ignorieren die seltsame Gestalt entweder komplett oder bedenken ihn abfällig mit hochgezogenen Augenbrauen. Nachdem er von vorne nach hinten und zurück durch die Reihen geschlendert ist, verlässt er fast schon resignierend die Halle mit dem Kommentar: "Ihr braucht meine Hilfe wirklich nicht."
Die gesamte Situation wirkt sehr surreal aber trotzdem auf skurrile Weise realistisch - und zwar deshalb, weil sie genau das ist! Angeblich wurde die ganze Szene wirklich in einer echten Bingo-Halle mit echten Menschen gedreht, die gar nicht wussten, dass sie gerade Teil einer Filmszene sind. Die Art und Weise, wie da auf einen gepanzerten Mann mit Schusswaffen reagiert – oder besser – nicht reagiert wird, ist schon ein bisschen erschreckend.

Auch die Wirkung des Filmendes hat mich echt überrascht und in der Tat noch am nächsten Morgen beschäftigt - und ich will hier zum wiederholten Mal darauf hinweisen, dass wir hier von einem Uwe Boll Film sprechen. Wer hat ihm das zugetraut? Ich auf jeden Fall nicht.

Gerade zum Ende muss ich allerdings noch eine Warnung aussprechen: Versucht, den Film in einer ungeschnittenen Fassung zu sehen, falls euch der Name des Regisseurs nicht schon im Vorfeld abschreckt. Ich plädiere nicht für die ungeschnittene Fassung, weil man in der viel mehr Leichen zu sehen bekommt (was man tut) – der Film funktioniert nämlich auch wunderbar, wenn viele der Killshots entfernt werden, wie es in meiner gesehenen TV-Fassung nun mal der Fall war. Allerdings ist gerade die deutsche Filmversion auch inhaltlich geändert und zwar auf ärgerliche Art und Weise. Laut Boll’s eigener Aussage war er von der FSK gezwungen, das Filmende anzupassen, was nun aber im krassen Gegensatz zur eigentlichen Aussage des Films steht. Boll selbst sagt, dass er in dieser Form gar nicht auf die Idee gekommen wäre, den Film überhaupt zu drehen. Das Ganze grenze schon an Kulturzensur und es sei für ihn der bislang härteste Schlag, den er von der FSK einstecken musste.
Ich kann seinen Ärger verstehen – das Ende machte auf mich so wenig Sinn, dass ich anschließend im Internet Nachforschungen anstellen musste, um den tatsächlich geplanten Schluss zu sehen.

Die Brille beweist - der gute Uwe ist eigentlich ein cleveres Kerlchen
Alles in allem kann ich den Film also tatsächlich empfehlen, auch wenn man nach einem Mal vermutlich alles gesehen und keinen großen Anreiz mehr hat, den Film noch fünf weitere Male anzuschauen. Und wenn‘s nur ist, um mal zu sehen, dass Boll nicht nur dumm und schlecht kann.
Ich werde mir deshalb bei Zeiten mal noch Teil 2 zu Gemüte führen und je nachdem wie der abschneidet, drücke ich dann die Daumen, dass das mit der Finanzierung für Teil 3 noch klappt.

Gut gemeinte 6,5/10 Punkte.

Dienstag, 23. Juni 2015

Vom hypothetischen Kampf zwischen Löwe und Thunfisch

Danson (Dwayne „The Rock“ Johnson) und P.K. Highsmith (Samuel L. Jackson) sind die besten Cops in New York und der ganze Stolz des NYPDs. Beliebt wie Rockstars räumen sie im Hollywood-Stil mit coolen Sprüchen und völlig überzogener Gewaltanwendung in der Unterwelt auf. Dass selbst bei Festnahmen von Kleinkriminellen ein Sachschaden in Millionenhöhe zur Tagesordnung gehört, versteht sich da von selbst.

Für derartige Eskapaden auch noch verehrt und gefeiert zu werden hat allerdings auch Schattenseiten. Und so kommt es wie es kommen muss: In einem spektakulärem Anflug von Überheblichkeit und Selbstüberschätzung quittieren die beiden äußerst unfreiwillig den Dienst.

Das Verbrechertum der Stadt interessiert sich dafür natürlich herzlich wenig. Deshalb braucht das NYPD auch schnellstmöglichst adäquaten Ersatz, um die große Lücke im Außendienst zu füllen. Somit ist die Zeit gekommen für

Die Etwas Anderen Cops

Klar, dass sich einem so ein Karrieresprung nicht täglich bietet und deshalb entbrennt innerhalb des NYPDs ein heißer Konkurrenzkampf um die Nachfolge des heldenhaften Duos.
So sieht der ebenso hitzköpfige wie cholerische  übermotivierte Detective Terry Hoitz (Mark Wahlberg) seine große Chance gekommen, den verhassten Bürojob loszuwerden und endlich seinen Traum zu verwirklichen, frei wie ein Pfau (!) zu sein. Blöd nur, dass er mit einem Bürokratiefanatiker als Partner gestraft ist, dessen größte Erfüllung u.a. darin liegt, den Papierkram seiner Kollegen auf's Penibelste zu erledigen. Detective Allen Gamble (Will Ferrell), seines Zeichens Gutmensch mit dunkler Vergangenheit, hat mal so überhaupt kein Interesse an einer nervenaufreibenden Verbrecherjagd. Deshalb bearbeitet er auch lieber einen anderen knallharten Kriminalfall, bei dem es um das unaussprechliche Verbrechen von unvorschriftsmäßig aufgestellten Baugerüsten geht - skandalös!
Das lässt sein Partner natürlich nicht durchgehen und zwingt ihn buchstäblich mit vorgehaltener Kanone an die frische Luft.

Danson und Highsmith sind zwei echt toughe Motherfucker
Klar, dass sich die Ermittlungen an einem „richtigen Fall“ und Gamble’s langweiligem Papierkram bald schon kreuzen. Und das ist auch schon das größte Problem des Films.

Der etwas arg konstruierte Fall über die Verschwörung rund um einen dubiosen Finanzinvestor nimmt dem Film mit andauernder Laufzeit leider etwas den Wind aus den Segeln. Und das ist schade, denn solange man sich vor allem in der ersten Hälfte des Films noch weniger auf die Story als auf die unterschiedlichen Charaktere fokussiert wird ein spitzenmäßiges Gagfeuerwerk abgebrannt.

Ernsthaft. Was in der ersten Stunde des Films an einfallsreich witzigen Dialogen, völlig überzogenen Situationen und spaßiger Running Gags aufgefahren wird ist aller Ehren wert! Highlights sind dabei die gesamte Einführung mit dem rücksichtslosen Haudegen-Duo Danson/Highsmith, eine in einem Streitgespräch abgehandelte Theorie über den hypothetischen Kampf zwischen Löwe und Thunfisch, eine nicht ganz risikofreie Beweismittelaufnahme bei einer Ex-Freundin und irgendwie alle Szenen dazwischen, davor und danach.

"Ich rede von 'ner ernsthaften Sauftour. Saufen mit Terry Hoitz."
Die Darsteller sind dementsprechend auch mit offenbar großem Spaß bei der Sache. Mark Wahlberg, der sich in den letzten Jahren in meinem eigenen Empfinden sympathietechnisch von „Bäh“ bis „Hui“ gewandelt hat, gibt den ständig gereizten und übermotivierten Terry und Will Ferrell spielt Will Ferrell. Als ich die erste Handvoll Filme mit ihm gesehen habe, wusste ich noch nicht ganz, was ich von ihm halten soll. Sein Gastauftritt in Die Hochzeits-Crasher hatte mich allerdings zum Schmunzeln gebracht und spätestens seit Die Eisprinzen (meiner Meinung nach sein bester Film) bin ich ein Fan! Die Etwas Anderen Cops reiht sich direkt hinter diesem in meine persönliche Rangliste ein.

Neben den beiden Hauptdarstellern wird noch eine ganze Reihe anderer bekannter Gesichter aufgefahren, darunter der tolle Michael Keaton als deren Vorgesetzter, Eva Mendez als Allens Vorzeige-Ehefrau, Steve Coogan als Finanzinvestor und natürlich Dwayne „The Rock“ Johnson und Samuel L. Jackson als obercoole Supercops, die auch gern ihren eigenen Film bekommen könnten, wenn’s nach mir ginge.

Trotz absolut überzeugender Argumente hat Allen an seiner Frau ständig was zu mäkeln
Sollte man sich Die Etwas Anderen Cops nun anschauen oder nicht? Wenn einem der typische Ferrell-Humor liegt, auf jeden Fall. Ich würde ihn etwa als „schenkelklopfrigere“ Version der Starsky & Hutch Neuverfilmung beschreiben.

Wenn das Tempo des Films gegen Ende nicht so sehr in die Knie ginge, würde ich ihn noch höher bewerten. So bekommt er von mir

7,5/10 Punkte.

Dienstag, 7. April 2015

Ein Plädoyer für Drogenkonsum – Kung Fu Hustle

Drogen sind etwas Sonderbares.

Als gefährlich, ungesund und verwerflich verschrien, sorgten sie in der Vergangenheit querbeet in den verschiedensten Unterhaltungsmedien für bemerkenswerte Ergebnisse. Die Hochphase der Rockmusik etwa war nur durch ausufernde Drogenexzesse möglich. Entsprechende Bands ließen ihrer Kreativität freien Lauf und erschufen legendäre Alben, an welche anzuknüpfen nach erzwungenen Entzügen nicht mehr zu denken war.

In meinen Augen kann Kung Fu Hustle kaum anders entstanden sein.


Der chinesische Film von 2004 stammt vom schauspielernden Regisseur Stephen Chow, der hierzulande anderweitig am Ehesten durch die fußballerische Balla-Balla-Actionklamotte Shaolin Kickers bekannt ist, und ist eine bloße Aneinanderreihung von „What the f**k?!“-Momenten, deren Ursprung ausschließlich exzessivem Drogenkonsum zuzuschreiben sein kann.
Und um die Analogie zur Rockmusik rund zu machen – er ist bombig unterhaltsam!

Ich umreiße kurz die Geschichte.

Sing (Stephen Chow) ist ein Gelegenheitsgauner, ein ganz kleines, kriminelles Licht in einer Stadt, die von der furchteinflößenden „Axt-Gang“ beherrscht wird. Seit er ein kleiner Knirps war, ist er davon überzeugt, es auf der Straße nur als Gangster zu etwas bringen zu können. Deshalb geben er und sein zweischläfriger, übergewichtiger Freund Gu sich gern als Mitglieder der Axt-Gang aus. Als sie auf diese Tour eine Siedlung mit dem charmanten Namen „Residenz Schweinestall“ reinlegen wollen, wird allerdings die echte Axt-Gang auf sie aufmerksam. Im Glauben, dass es sich bei den beiden Gaunern um echte Mitglieder handelt, gerät die Siedlung, in der augenscheinlich nur die einfachsten der einfachen Leute leben, ins Visier der Bösewichte.


Sing und sein vollschlanker Sidekick Gu träumen davon, bei der Axt-Gang mitzumachen
Gut nur, dass sich unter den Einwohnern neben allerlei Hirnis und Dummbatzen auch eine Handvoll waschechter Kung Fu Meister befindet. Es kommt also zur Auseinandersetzung zwischen Siedlung und Axt-Gang – in der Mitte der zwiegespaltene Sing. Schlägt er sich auf Seiten der Axt-Gang, deren Mitglied zu sein er sich so lange ersehnt hat, oder trifft er die moralisch richtige Entscheidung, den Siedlern zu helfen?

Die Antwort dürfte jedem klar sein – tut aber um ehrlich zu sein auch nicht wirklich was zur Sache. Der Film macht nicht wegen seiner Geschichte Spaß, sondern wegen seiner Inszenierung. Hier eine kleine Liste an Pluspunkten:
  • Die dt. Synchro ist auf einem brutal hohen Niveau. Zeitweise wird sogar an der Klasse von großen Hill/Spencer Meisterwerken gekratzt. Beispiele gefällig?
    • Die bärbeißige Vermieterin moniert den Wasserverbrauch der Siedlung und verbietet den Gebrauch von Wasser mit folgenden Worten: „Ab sofort gibt's montags, mittwochs und freitags gar kein Wasser mehr und dienstags, donnerstags und samstags wird's abgestellt!
      Daraufhin erwidert ein Bewohner, dessen Arsch ständig zur Hälfte aus der Unterbuxe rausblinzelt: „So kann ich doch nicht rumlaufen. Ich hab' zum zweiten Mal shampooniert! 
    • Ein Kung Fu Meister wurde im Kampf besiegt und liegt quasi im Sterben. Nachdem er erst einmal Spider-Man’s Onkel zitiert („Aus großer Kraft wächst große Verantwortung.“), legt er noch ein verkrampftes „I can’t get no satisfaction!“ nach, während er gleichzeitig den Löffel abgibt – Genial!
Zweimal shampooniert und kein Wasser mehr - die Lebensumstände in der Siedlung sind knallhart!
  • Die Kampfszenen sind ernsthaft großartig umgesetzt. Es ist viel Wirework und CGI im Spiel, aber die Choreographie der meisten Moves ist dermaßen over-the-top, dass trotzdem (oder gerade deshalb) jeder Kampf unterhaltsam und erinnerungswürdig daher kommt. Gibt’s schon zu Anfang des Films mächtig auf die Zwölf, wird mit jedem neuen Scharmützel noch eine Schippe draufgelegt. Jeder Kung Fu Meister hat dabei sein eigenes Repertoire an aberwitzigen Techniken und Spezialangriffen, die man so ganz sicher noch nirgends gesehen hat. 
    Die Actionszenen können sich allesamt sehen lassen.
  • Ein Gaga-Moment jagt den nächsten. So ziemlich jede Szene beinhaltet ein oder mehrere Details, die man oft gar nicht direkt mitbekommt. So befindet sich der Unterschlupf von Sing und Gu in einer Verkehrsampel. WTF?! Mich würde außerdem mal interessieren, wem alles beim ersten Mal aufgefallen ist, dass bei einem beiläufigen Kameraschwenk über die Residenz Schweinestall einer im Hintergrund auf seinen Wohnzimmerboden scheißt. Immer wieder hat man das Verlangen, zurück zu spulen, um sicher zu gehen, dass man das gerade eben richtig gesehen oder gehört hat.
    Die Verfolgungsjagd ist ein klares Indiz für Drogenmissbrauch!
Man kann also sagen, dass der Film auch bei mehrmaligem Ansehen so schnell nicht langweilig wird. Trotzdem vergesse ich irgendwie jedes Mal, wie viel Spaß der Film macht. Eigentlich schaue ich ihn nur an, wenn er zufällig gerade im TV läuft. Aber jedes Mal frage ich mich, warum ich den zugehörigen Silberling noch nicht im Regal stehen habe. Es wird Zeit, das demnächst mal zu ändern.

Das Kuriose dabei ist, dass ich vollkommen nachvollziehen kann, wenn jemand den Film kacke findet. Es sind bei der Produktion objektiv gesehen einfach zu viele Drogen im Spiel gewesen, als dass man den Film jedermann problemlos ans Herz legen könnte. Wer grundlegend gegen Filme dieser Machart nichts auszusetzen hat, sollte dem Streifen allerdings dringend eine Chance geben – vergleichbar wäre er etwa mit dem schon erwähnten Stephen Chow Streifen Shaolin Kickers (allerdings deutlich besser) oder Jackie Chan’s ultimatives Blödsinns-Meisterwerk City Hunter (allerdings nicht ganz so sagenhaft – wäre auch ziemlich unmöglich).

Hätte es Kung Fu Hustle schon vor 20 Jahren gegeben, wäre er meines Erachtens nach ein heißer Kandidat für unsere legendären Batsche-Abende gewesen – ein viel größeres Kompliment (oder Warnung) kann ich zum Film kaum aussprechen.

8/10 Punkte.

Montag, 19. Januar 2015

Interstellarer Rant

Komme gerade aus Interstellar und muss sagen: richtig schlechter Film. Und damit beziehe ich mich mal gar nicht so sehr auf den Schluss, den ja viele andere (Hobby-)Kritiker anprangern. Der hätte mich wahrscheinlich mehr gestört, wenn ich nach fast dreistündiger Spielzeit irgendwelche emotionalen Aktien in die Charaktere oder das Schicksal der dargestellten, endenden Welt inverstiert gehabt hätte, anstatt darauf zu warten, das Mettwurst McConaughey (ernsthaft, der sollte mal zum Dermatologen) endlich das Zeitliche segnet (was er dann ja irgendwie auch macht, als er behutsam mit zwei Fingern an den Zeitfädchen zupft...).

Nein, mir geht es vielmehr um handwerkliche Punkte, denn wie Oli schon kurz in seinem Jahresrückblick erwähnt hat, wirkt der gesamte Plot sehr konstruiert. Charaktere tun Dinge, die nur schwer nachvollziehbar sind und daher viel mehr als Mittel zum Selbstzweck verkommen, wobei der Selbstzweck hier mehr ist, die CGI Muskeln spielen zu lassen als eine koherente Story voranzutreiben. Trotz der enormen Spielzeit und dem unzweifelhaften Versuch, eine Bindung zwischen Cooper (McConaughey) und seiner Tochter Murph aufzubauen und diese ins emotionale Zentrum der Geschichte zu stellen, transportierte diese Beziehung für mich nie die unmittelbare Bedrohung, nämlich, dass die Ganze Menschheit auf dem Spiel steht.
Dazu sieht man einfach zu wenig von der Welt, denn bis auf Coopers Familie und einer Handvoll NASA Nasen bekommt man von der Welt und ihrer Nahrungskrise nichts gezeigt. Die globale Bedrohung wird in einem Mikrokosmos dargestellt, der nicht sehr überzeugend aussieht und für mich eher so wirkte, als hätten der Cast, die Spezialeffekte und die ganzen GoPros das Budget aufgefressen, so dass man sich keine Dreherlaubnis in großen Städten mehr erlauben konnte (wobei, für Detroid hätte es doch sicher noch gereicht, oder? Da hätte man nicht mal so viel Umbauen müssen, um ne gute Darstellung einer globalen Krise zu bekommen...).
Allgemein wirkt "die Menschheit" im Angesicht ihrer fast unmittelbaren Ausrottung recht gelassen. Man geht zu Baseball-Spielen, hat genügend Ressourcen Kleidung trotz des ständigen Staubs sauber zu halten, Friseure scheinen auch alle noch zu arbeiten, und für ein tadelloses Makeup muss auch im Angesicht der Apokalypse noch Zeit sein. Überhaupt sollte man glauben, dass mehrere Regierungen auf die Idee kämen, ein paar Leute ins plötzlich aufgetauchte Wurmloch zu schicken (dessen Auftauchen im Übrigen nie erklärt wird, sondern, wie so vieles andere im Film, einfach passiert ist). Will sagen: die gezeigte Welt wirkt nicht glaubhaft und man hat das in anderen Filme, wie z.B. Contact oder Deep Impact schon wesentlich besser rüber gebracht. Und wenn jemand gegen diese Filme abstinkt, dann will das schon was heißen...
Wenn ein Film schon die gesamte Welt aufs Spiel setzt, dann will ich von dieser Gefahr auch etwas sehen, und nicht nur ständig davon erzählt bekommen. Gerade in so einem visuell ambitionierten Film kam mir das einfach zu kurz. Wieso wird mir dreimal gezeigt, wie schwer es ist, an eine Raumstation anzudocken, und das nur Mr. McCo(ck)naughey das auch bei einer Eigenrotation von 86 rpm kann? Verarbeitet Nolan damit irgendwelche privaten Probleme?

Zurück zum Cast: Keiner der Nebencharaktere war tief. Selbst Anne Hathaway, die ja kurz drohte in die Rolle des Love-Interest abzurutschen, verkam dann zur nichtsnutzigen, rumbitchenden Damsel in Distress, die nur dazu da war, schlechte Entscheidungen zu treffen und einen wahnwitzigen Monolog zum Thema Liebe abzuliefern, der ungefähr so gut zu ihrem abweisenden, kalten Charakter passte, wie ein Veganer zur World Championship im Hotdog-essen. Oh ja, und um uns nach gefühlten zwei Stunden daran zu erinnern, warum sie überhaupt mit an Bord dieser Mission ist, als sie Cooper beiläufig darauf hinweist, dass sie ja die Expertin ist, wenn es um das Bevölkern anderer Planeten geht (Exposition 101). Vermutlich wurde das schon früher im Film gesagt, aber zu diesem Zeitpunkt war es für mich so ein A-ha Effekt: deswegen ist die also da.

A-ha

Am Ende war sie dann wohl doch wieder sowas wie der Love Interest, was glaube ich Coopers Entscheidung, ein Raumschiff zu stehlen und wieder in ein Wurmloch zu fliegen, motivieren sollte. Vielleicht wollte er ihr zeigen, wo er das Andocken bei 86 rpm gelernt hat.

Aww Yeah!


Naja, ich könnte mich jetzt noch weiter über die völlig hineinkonstruierte Rolle von Matt Damon auslassen, mich über den lächerlich wirkenden Faustkampf auf dem Eisplaneten aufregen, oder mich fragen, warum Coopers Tochter am Ende ihren Vater quasi anstiftet, Brand zu suchen... (das ist ja quasi Brandstiftung!) sie weiß doch überhaupt nichts von den beiden (also ungefähr so viel wie der Zuschauer weiß)... aber dann müsst ich ja eigentlich doch ganz vorne anfangen und den ganzen Film auseinander nehmen und bei der indischen Drohne beginnen, die vermutlich nur dazu da war, um eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen (was nicht funktioniert hat), oder das plötzliche Auftauchen von Topher Graces Charakter erwähnen (dessen Namen ich nicht mal behalten konnte), der nur dazu war, dem Zuschauer von einer weiteren "unmittelbaren Bedrohung" zu erzählen (denn die paar leichte Huster von Murphs Schwägerin und ihres Neffen haben für mich jetzt noch nicht bedeutet, dass die beide kurz vor dem Exodus stehen), was dann zusammen mit dem völlig unerklärlichen Verhalten ihres Mannes (Coopers Sohn) einen weiteren völlig sinnfreien Konflikt erzeugte, der nur dazu da war, künstlich Spannung zu erzeugen, eine Art "letzte Chance" für Cooper, die "Formel" in Morse-Code (!) an seine Tochter zu übermitteln, da sie ja sonst nie wieder zurück zu ihrem Elternhaus kommen würde um die Uhr zu finden. Man sollte glauben, dass jemand, der irgendwie zwischen der Zeit hin und herschweben kann und sie physisch wahrnehmen kann, Zeitdruck nicht existiert, oder?


Murph hatte im Übrigen keinen Grund zu glauben, ihr "Geist" sei ihr Vater. Aber vielleicht war das ja die "Liebesdimension" von der Brand vorher gesprochen hatte, über die ihr das vermittelt wurde... bei dem Monolog hatte ich zugegebenermaßen zur Hälfte abgeschaltet.
Vermutlich war das aber der Schlüsselmoment, um die Ganze Geschichte zu verstehen: "All you need is love", wie der Philosoph Lennon einst verkündete. Aber wenn das schon die zentrale Botschaft eines dreistündigen Films sein will, wieso wird sie dann von dem kältesten Charakter übermittelt, der (auch das wird uns nur am Rande erzählt), in ein Mitlgied einer der vorherigen Missionen verliebt ist und deswegen lieber zu Planet X als zu Planet Y fliegen möchte. Lieber Christopher Nolan, mal unter uns: wenn Du möchtest, dass ich zwischen zwei Charakteren Affektion empfinden soll, wäre ein guter Anfang, mir zumindest beide Personen mal zu zeigen, und mir nicht nur am Vorbeigehen zu erzählen: die ist verliebt in einen.

So, nu aber wirklich Schluss, dass war ne Menge Rant für einen Filmemacher, den ich ja eigentlich ganz gern hab (und ich würde euch das auch zeigen, und nicht nur sagen, wenn ich könnte) und auch dafür, das Thema Zeitreisen oder allgemeiner Zeitmanipulation überhaupt nur kurz anzuschneiden. Ich bin gespannt, wo es mit Mr. Nolan in Zukunft hingeht, zumindest für mich waren sowohl The Dark Knight Rises als auch zuvor Inception Anzeichen, dass er so langsam unter seinen eigenen Ambitionen in die Knie gehen könnte. Interstellar nun ist für Nolan das was Prometheus für Scott war, zumindest gesellen sich bei mir beide Filme in die selbe Schublade, ganz unten, voller Staub und schwarzem Glibber.



Freitag, 12. Dezember 2014

Das Kinojahr 2014 im Rückblick



Wieder ist ein (Kino-)Jahr vorbei und wieder ist die Liste meiner Lieblingsfilme um ein paar Einträge länger geworden. 2014 war für mich ein sehr abwechslungsreiches Kinojahr. In den verschiedensten Genres habe ich Filme gesehen, die mich wirklich beeindruckt oder zumindest wahnsinnig gut unterhalten haben. Von Independent-Perlen bis zu den grossen Blockbustern, von grossen Gefühlen bis hin zu Kawumm-Action war eigentlich alles dabei. Deshalb folgen, selbstverständlich stark verzerrt durch meinen persönlichen Geschmack, die Top Filme des Jahres 2014 in den jeweiligen Genres. Starten möchte ich jedoch, damit ich es gleich hinter mir habe, mit dem Hobbit…


Unnötigster Film des Jahres: The Hobbit – The Battle of the Five Armies


Mir schmerzt das Herz, das hier zu schreiben! Ja, der Hobbit Film ist und bleibt einer von nun 6 Mittelerde Filmen. Eine Welt, die ich liebe. Und ja, irgendwann werde ich die BluRay bei den anderen 5 Filmen stehen haben. Und ja, es gab vereinzelt Szenen, bei denen ich gelacht habe oder die mich berührt haben. Trotzdem ist der dritte Teil des Hobbits leider mit grossem Abstand der schlechteste Film der Reihe. Sogar noch schlimmer, es ist einfach kein guter Film und hat nicht mehr viel mit der Qualität der Herr der Ringe Filme gemein. Letztendlich hat dieser dritte Teil die Filmtrilogie des dünnen Buches als das entlarvt, was sie wohl von Anfang an gewesen ist, ich aber nicht wahrhaben wollte: Ein riesengrosser und genialer Marketing-Coup von Peter Jackson und den beteiligten Produktionsfirmen ohne grosse Substanz dahinter. Der Film hat praktisch keine wirkliche Handlung mehr und um ehrlich zu sein, war ausser dem Angriff von Smaug auf Seestadt und der Schlacht um Erebor ja auch nicht mehr viel übrig, was man hätte zeigen können. Wenn Peter Jackson nun also sagt, bzw. gesagt hat, dass man drei Filme drehen musste, weil man so viele gute Szenen und Handlungsstränge hatte, dann klingt das für mich wie Hohn und Spott, nachdem ich den dritten Film nun gesehen habe. Erschwerend kommt hinzu, dass ich viele Effekte (von Smaug einmal abgesehen) erschreckend unausgereift und nicht unbedingt State-of-the-Art fand. Das Buch in zwei Teilen zu verfilmen hätte für mich funktioniert, ich fand die ersten beiden Filme ja auch wirklich gelungen. Hätte man beide Filme jeweils noch 20 Minuten verlängert und alles unnötige Beiwerk aus dem dritten Film entfernt, dann hätte man sich den dritten Film aus meiner Sicht komplett sparen können. Und hätte eben eine Milliarde weniger eingenommen... Ich kann die rein finanziellen Gründe für die Entscheidung also schon nachvollziehen und würde als Studioboss wahrscheinlich ähnlich handeln. Aber ich bin kein Studioboss, sondern Filmfan. Deswegen kann ich diese Entscheidung im Nachhinein einfach nicht gut heissen. Sollen sie doch wenigstens zugeben, dass die Entscheidung rein auf finanziellen Aspekten basierte. Dass es keine kreativen Gründe gehabt haben kann, ist nach dem Film nämlich einfach offensichtlich. Ich weiss nicht, wie lange so etwas noch funktioniert. Wahrscheinlich noch für eine sehr lange Zeit, letztendlich bin ich selbst genauso schuldig daran, wie jeder andere, der sich drei Kinotickets gekauft hat und auch die BluRay kaufen wird, um die Reihe im heimischen Regal zu vervollständigen... Der aufmerksame Leser wird mittlerweile gemerkt haben, dass ich sehr enttäuscht bin! Bevor ich mich nun völlig in Rage schreibe, höre ich also lieber auf und mache mit den Filmen weiter, über die ich mich im Jahr 2014 wirklich gefreut habe...


Überraschung des Jahres: The Secret Life of Walter Mitty


The Secret Life of Walter Mitty ist wirklich ein sehr guter Film. Ich weiss auch gar nicht so genau, warum mich das so sehr überrascht hat, da es durchaus einige Filme mit Ben Stiller gibt, die ich herrlich unterhaltsam finde: Tropic Thunder, Dodgeball, Glauben ist alles, Und dann kam Polly, usw… Vielleicht ist der Hauptgrund ganz einfach der, dass Ben Stiller bisher eher in der „Blödel-Ecke“ einzuordnen war, mit The Secret Life of Walter Mitty nun aber zum ersten Mal einen Film gedreht hat, der etwas mehr Fleisch am Knochen hat. Ich meine mich zu erinnern, dass der Film kurz vor dem Kinostart sogar als „Forrest Gump unserer Generation“ angepriesen wurde. Ob das jetzt tatsächlich gerechtfertigt ist oder eher ein kluger Marketing-Gag war, soll jeder für sich selbst entscheiden. Was ich definitiv sagen kann, ist folgendes: The Secret Life of Walter Mitty ist kurzweilig, unterhaltsam, ungewöhnlich, regt zum Nachdenken an und macht irgendwie glücklich. Eigentlich alles, was man über Forrest Gump auch behaupten kann. Was will man mehr?


Drama des Jahres: Short Term 12


Short Term 12, ein kleines Drama des bis anhin eher unbekannten Regisseurs Destin Daniel Cretton, hat eine wunderbare und unwahrscheinliche Entstehungsgeschichte.  In 2009 schrieb und drehte Cretton einen Kurzfilm mit dem Namen Short Term 12, welcher im gleichen Jahr den „Jury Prize for U.S. Short Filmmaking“ beim Sundance Film Festival gewann. Basierend auf diesem Erfolg schrieb Cretton das Drehbuch für die lange Filmversion. Nach einigen Jahren mühevoller Finanzierungssuche konnte er das Filmprojekt schliesslich realisieren und im Jahr 2012 wurde die lange Version des Films erneut beim Sundance Film Festival aufgeführt und mit Kritikerlob überhäuft. Noch einmal zwei Jahre später in 2014 hat es der Film dann auch in Europa in die Lichtspielhäuser geschafft. Die Handlung fokussiert sich auf eine Einrichtung für Teenager, die entweder Probleme mit Drogen haben, Opfer häuslicher Gewalt wurden oder sonstige Verhaltensauffälligkeiten an den Tag legen. Im Zentrum der Handlung stehen dabei die Betreuer der Einrichtung, allen voran  Grace gespielt von Brie Larson, und die Beziehungen der Betreuer untereinander und zu den Teenagern. Was beim Lesen dieser Zusammenfassung höchstwahrscheinlich unspektakulär und eher langweilig klingt, ist wirklich emotional und packend geschrieben bzw. verfilmt. Wer also einmal Lust auf einen ruhigen Film verspürt, der zwischenzeitlich zwar auch traurig macht, den Zuschauer am Ende jedoch mit einem guten Gefühl entlässt, der kann hier bedenkenlos zugreifen.


Actionfilm des Jahres: The Raid 2 - Berandal


Ein Sequel, welches den bereits grandiosen ersten Teil in so ziemlich allen Belangen in den Schatten stellt. Wahnwitzig, brutal, intensiv und spektakulär. Ein Martial Arts Feuerwerk allererster Güte! Eine ausführliche Kritik findet sich unter folgendem Link:


Animierter Film des Jahres: How to train your dragon 2


Nach The Raid 2 bereits das nächste Sequel auf dieser Liste. Der erste Teil aus dem Jahr 2010 war bereits ein grosser Überraschungshit aus dem Hause DreamWorks, der den Pixar Produktionen in Sachen Qualität und Herz in nichts nachstand. Der Nachfolgefilm erzählt die Geschichte von Wikingersohn Hicks und seinem Drachen Ohnezahn konsequent weiter und beeindruckt einmal mehr mit einer stimmigen Geschichte für gross und klein und Animationen auf hohem Niveau. Egal ob mit seinen Kindern, seiner Freundin oder auch mit guten Kumpels. Diese Filmreihe kann man sich wirklich mit jedem anschauen!


Komödie des Jahres: The Grand Budapest Hotel


Ralph Fiennes, Mathieu Amalric, Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Jude Law, Edward Norton, Owen Wilson, Tom Wilkinson, Tilda Swinton, Léa Seydoux, Jason Schartzman, Saoirse Ronan und Bill Murray… Was sich liest wie das „Who is Who“ des Hollywood Walk of Fame, ist in Wirklichkeit eine Liste der Darsteller in The Grand Budapest Hotel. Es ist „chic“ in einem Wes Anderson mitzuspielen und scheinbar jeder Darsteller, der heutzutage etwas auf sich hält, möchte mindestens einmal in seinem Leben mit diesem ebenso begnadeten wie aussergewöhnlichen Regisseur gedreht haben. Dieser Ruf, den sich Wes Anderson mit Filmen wie The Royal Tennenbaums, The Life Aquaticwith Steve Zissou, The Darjeeling Limited, Fantastic Mr. Fox und Moonrise Kingdom schwer erarbeitet hat, dürfte durch The Grand Budapest Hotel nur noch bestärkt werden. Ich will hier gar nicht genauer auf die eigentliche Geschichte des Filmes eingehen, sondern vielmehr die Spielfreude des gesamten Schauspielerensembles, die Detailverliebtheit bei den Kostümen und dem Bühnenbild, das exakte Timing der Pointen und die von Anfang bis Ende unkonventionelle und erfrischende Umsetzung herausstreichen. Fairerweise muss man sagen, dass Wes Anderson sicherlich nicht einen massentauglichen Mainstream Humor inszeniert. Das kann er nicht und das will er auch gar nicht. Ich will es auch gar nicht als eine Art intelligenten Humor bezeichnen. Einfach anders, vielleicht ein Stück subtiler. Wer daran Gefallen findet, wird sich in The Grand Budapest Hotel verlieben und gespannt auf Wes Anderson‘s nächstes Projekt warten.


Liebesfilm des Jahres: Her


Spike Jonze verfilmte diese ungewöhnliche Geschichte über einen Mann, gespielt von Joaquin Phoenix, der sich in naher Zukunft in ein intelligentes Betriebssystem, gesprochen von Scarlett Johansson, verliebt. Scarlett Johansson brilliert hier dermassen nur mit ihrer Stimme, dass sogar einige Rufe nach einer Oscarnominierung laut wurden. Joaquin Phoenix ist ebenfalls aussergewöhnlich, wie eigentlich in jedem seiner Filme. Auch sonst wartet der Film mit einer wahren Prachtbesetzung auf. Amy Adams, Rooney Mara, Olivia Wilde und Chris Pratt komplettieren einen mehr als überzeugenden Cast. Die Idee mag trotz der fortgeschrittenen Technik immer noch etwas fremd und absurd erscheinen, ist jedoch wirklich stimmig und mit viel Gefühl umgesetzt. Nebenbei thematisiert Her natürlich auch unsere wachsende Abhängigkeit von der immer mächtigeren Technik und trifft somit sicherlich auch den Nerv der Zeit.



Science Fiction Film des Jahres: Lucy


Wieder Scarlett Johansson, diesmal aber in einem völlig anderen Film von Luc Besson. Zu Beginn des Films spielt Scarlett Johansson, man muss es so sagen, ein naives, blondes Dummerchen, die in den Fängen eines Verbrechersyndikats landet und zu einem Drogenschmuggel missbraucht wird. Dabei wird eine neuartige Droge in einem Plastikbeutel in ihrem Bauch versteckt. Nachdem sie zusammengeschlagen wird, platzt der Beutel auf und grosse Mengen der Wunderdroge gelangen in Lucy’s Blutkreislauf. Was als normaler Actionthriller beginnt, mutiert ab diesem Zeitpunkt zu einem waschechten Science-Fiction Knaller. Der Film basiert nämlich auf der (wissenschaftlich widerlegten) Annahme,  der Mensch verwende nur 10% seiner Gehirnkapazität. Lucy jedoch wird im Laufe des Films unter dem Einfluss der Droge schrittweise auf einen immer grösseren Teil ihres Gehirns zugreifen können. Was sich in einem allerersten Schritt einzig in offensichtlich gesteigerter Intelligenz und Eloquenz und besseren Reflexen ausdrückt, wird im Laufe des Films immer hanebüchenere Ausmasse annehmen. Und obwohl bereits die Grundannahme des Films wissenschaftlich nicht korrekt ist und der Film gegen Ende wirklich abgefahren wird, war Lucy wahrscheinlich trotzdem der kurzweiligste und unterhaltsamste Film, den ich im letzten Jahr im Kino sehen durfte. Ausserdem enthält er die wahrscheinlich beste Autoverfolgungsjagd der letzten Jahre, obwohl auch diese die Beschreibung „hanebüchen“ sicherlich verdient hätte. Der Film kam bei den Kritikern nicht wirklich gut an. Ich weiss auch wieso. Aber das ist mir egal. Lucy rockt!


Coming of Age Film des Jahres: The Spectacular Now


Miles Teller und Shailene Woodley überzeugen in diesem Independent Schmuckstück. Eine genauere Besprechung findet sich unter diesem Link:  


Comic-Verfilmung des Jahres: Guardians of  the Galaxy


Zum Glück ist Guardians of the Galaxy eine Comic-Verfilmung, ansonsten hätte ich ihn als Science Fiction Film einordnen müssen und wäre gezwungen gewesen, Lucy von der Liste zu streichen. Denn: Ich halte Guardians of the Galaxy für eine der besten Comic-Verfilmungen, aber eben auch einen der besten Science-Fiction Filme unserer Zeit und sehe gute Chancen, dass er zum absoluten Klassiker werden wird. Ich habe mich so ziemlich in jeden einzelnen der Charaktere verliebt, das ganze Design war schlicht einzigartig, der Soundtrack war einfach unfassbar gut und perfekt mit der Geschichte verwoben und die Art und Weise, wie es Regisseur James Gunn geschafft hat, innerhalb von Sekunden zwischen epischen Szenen, Slapstick, Drama und Action hin und her zu springen, habe ich so noch nie gesehen. Sicherlich ein absolutes Schmuckstück des sogenannten "Marvel Cinematic Universe". Wir können nur hoffen, dass die Fortsetzungen das Niveau und das unverbrauchte Gefühl bewahren werden.


Thriller des Jahres: Nightcrawler


Jake Gyllenhaal ist Lou Bloom, ein arbeitsloser, schmieriger Nichtsnutz und Dieb ohne grosse Perspektive. Eines Nachts fährt er an einem Unfall vorbei und beobachtet ein Kamerateam, welches die Szenerie und das Opfer aus nächster Nähe für die Morgennachrichten filmt. Dort erkennt Lou Bloom seine Berufung und geht fortan selbst mit Polizeifunk und Kamera bewaffnet auf nächtliche Bilderjagd. Zu Beginn gibt er sich noch mit den Unfallbildern und Tatorten zufrieden, wie er sie vorfindet, doch bald genügt ihm dies nicht mehr. In einem ersten Schritt wird medienwirksam ein Familienfoto neben einem Einschussloch platziert, später wird eine Leiche an einen anderen Ort gelegt… Lou’s Manipulationen nehmen ein immer grösseres Ausmass an, immer auf der Suche nach dem perfekten Video für die Morning News. Dies geht gegen Ende des Films soweit, dass er Verbrecher, Polizisten und Bekannte fast schon nach einem Drehbuch manipuliert um die von ihm gewünschte Szene einfangen zu können. Das beeindruckende an Nightcrawler ist dabei die Tatsache, dass er auf ganz unterschiedlichen Ebenen funktioniert. Wer ihn als ganz gewöhnlichen Thriller sehen möchte, kann dies gerne tun und wird dabei mit grosser Wahrscheinlichkeit bestens unterhalten. Genauso gut kann man ihn als Satire auf die gegenwärtige sensationslüsterne Medienlandschaft interpretieren. Und wenn man diesen Gedanken bereits angedacht hat, dann kann man sogar noch einen Schritt weiter denken und sich überlegen, was es über eine Gesellschaft und jede einzelne Person darin aussagt, wenn es für die Medien quoten- und ertragsmaximierend ist, Skandale, Verbrechen und Morde zu thematisieren und dramatisieren. Letztendlich stellt sich also auch die faszinierende Frage, wie viel Lou Bloom in jedem von uns steckt? Sehr beeindruckend ist ausserdem, wie der eigentlich klassische Schönling Jake Gyllenhaal es schafft, einen Charakter zu verkörpern, der den Zuschauer eigentlich ununterbrochen anwidert. Dass man als Zuschauer trotzdem die kompletten 2 Stunden am Ball bleibt und fasziniert dabei zusieht, wie Lou Bloom agiert und manipuliert, ist ein untrügliches Zeichen für die Qualität der Umsetzung. Absolute Empfehlung!


Bester Film des Jahres: Boyhood


Boyhood ist alles, Komödie, Drama, Liebesfilm und Coming-of-Age in einem. So, wie es ein Film über das Leben und das Erwachsenwerden eben sein sollte. Alleine für die ambitiöse Herangehensweise verdienen Regisseur Richard Linklater und sein Team tiefsten Respekt. Im Sommer 2002 wurden die einzelnen Rollen gecastet, u.a. der damals völlig unbekannte Ellar Coltrane und Linklater’s Stammschauspieler Ethan Hawke in der Rolle des Vaters. Anschliessend wurde 12 Jahre lang in jedem Jahr für einige Wochen gedreht. Der Film konzentriert sich dabei auf die Kindheit und das Erwachsenwerden des von Ellar Coltrane gespielten Mason Evans. Zu Beginn des Films ist Mason 6 Jahre alt, am Ende wird er 18 Jahre alt sein und das College besuchen. Dazwischen begleiten wir ihn auf einer Achterbahnfahrt der Gefühle, durch eine nicht immer glückliche, aber bewegte Kindheit mit vielen einschneidenden Erlebnissen wie der ersten Liebe, dem ersten Liebeskummer und anderen Abenteuern. Für mich der beeindruckendste Film des Jahres!


Was gab es sonst noch?

Meine absoluten Top-Movies 2014 sind also bekannt. Aber es gab wirklich noch so viel mehr,  was sich anzuschauen lohnt! Auf der Comicseite denke ich zum Beispiel an X-Men: Days of Future Past und Captain America: The Winter Soldier. Animiert gab es noch The Lego Movie zu bestaunen, welcher wirklich empfehlenswert ist und mich sehr überrascht hat. Dann war da noch Fincher’s Gone Girl mit Ben Affleck und Rosamunde Pike in den Hauptrollen. Oder The Judge mit Robert Downey Junior und Robert Duvall, genauso wie The Fault In Our Stars mit Shailene Woodley. Scorsese’s The Wolf of Wall Street ist sicherlich ebenfalls eine Erwähnung wert. Genau wie der eher unbekannte Snowpiercer, eine düstere Zukunftsversion, in der sich der Rest der Menschheit in einer künstlich erhaltenen Gesellschaftsordnung in einem fahrenden Zug am Leben hält. Abschliessen möchte ich die Empfehlungen mit dem Schwarz/Weiss Film Nebraska von Alexander Payne. Ein Film, wie sie leider immer weniger gemacht werden…  

Neben dem Hobbit gab es natürlich auch einige andere Filme, die mich enttäuscht zurück liessen. Beispielsweise denke ich an The Wind Rises, Sin City: A dame to kill for, 300: Rise of an Empire und Interstellar. Wenn ich bei diesen Filmen von Enttäuschungen spreche, dann muss ich aber glaube ich etwas genauer erläutern, weshalb das so ist. Keiner der vier Filme ist eine kolossale Beleidigung an alle Cineasten im Ausmass eines Transformers-Movies. Letztendlich könnte ich sogar alle vier Filme zumindest soweit empfehlen, dass ich sagen würde: „Kann man mal gucken“. Die zweiten Teile von Sin City und 300 alleine schon wegen Eva Green…  Aber muss man sie gucken? Darauf lautet meine Antwort nein, im Endeffekt scheiterten alle Filme an den Erwartungen, die ich an sie hatte. The Wind Rises ist die neueste und zugleich letzte Arbeit von Hayao Miyazaki, Mastermind des Studio Ghibli und Schöpfer von Meisterwerken wie Prinzessin Mononoke und Chihiros Reise ins Zauberland. Gemessen an diesen Filmen ist The Wind Rises für mich eine herbe Enttäuschung. Die zweiten Teile von Sin City und 300 scheitern letztendlich daran, dass sie nicht einmal annähernd an ihr Original heran reichen, einfach nichts neues bieten und somit als unnötig bezeichnet werden könnten. Interstellar muss man seine gewagten Ambitionen zu Gute halten und schlecht ist er in der Tat nicht. Man muss ihn aber auch an den Filmen messen, die Christopher Nolan bisher abgeliefert hat. Ich persönlich verehre Christopher Nolan und mag bisher jeden seiner Filme. Memento, The Dark Knight und Inception sind für mich drei absolute Meisterwerke, die auch in vielen Jahren noch einen festen Platz in meinem Herzen haben werden. Gemessen an dieser bisherigen Filmographie war Interstellar einfach nicht gut genug. Mehr als einmal hatte ich das Gefühl, dass gewisse Entscheidungen die Story betreffend nur deshalb getroffen wurden, um entweder beeindruckende Special Effects einbauen zu können oder der Geschichte eine Art von Pseudo-Komplexität zu verpassen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich finde komplexe und verschachtelte Stories durchaus sehr ansprechend. Aber bei Interstellar kam mir das einfach zu gekünstelt und unnötig kompliziert vor. Aber eventuell habe ich den Film auch einfach nicht verstanden, auch diese Möglichkeit ist nicht ganz auszuschliessen, da bin ich ehrlich…

Nichtsdestotrotz hat auch das Kinojahr 2014 wieder gezeigt: Uns muss nicht Angst und Bange werden, es wird immer noch so viel Qualität produziert, dass es immer wieder etwas Schönes und Neues im Kino zu entdecken gibt! Mit diesem Gefühl freue ich mich auf den ersten Kinobesuch in 2015!