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Dienstag, 7. April 2015

Ein Plädoyer für Drogenkonsum – Kung Fu Hustle

Drogen sind etwas Sonderbares.

Als gefährlich, ungesund und verwerflich verschrien, sorgten sie in der Vergangenheit querbeet in den verschiedensten Unterhaltungsmedien für bemerkenswerte Ergebnisse. Die Hochphase der Rockmusik etwa war nur durch ausufernde Drogenexzesse möglich. Entsprechende Bands ließen ihrer Kreativität freien Lauf und erschufen legendäre Alben, an welche anzuknüpfen nach erzwungenen Entzügen nicht mehr zu denken war.

In meinen Augen kann Kung Fu Hustle kaum anders entstanden sein.


Der chinesische Film von 2004 stammt vom schauspielernden Regisseur Stephen Chow, der hierzulande anderweitig am Ehesten durch die fußballerische Balla-Balla-Actionklamotte Shaolin Kickers bekannt ist, und ist eine bloße Aneinanderreihung von „What the f**k?!“-Momenten, deren Ursprung ausschließlich exzessivem Drogenkonsum zuzuschreiben sein kann.
Und um die Analogie zur Rockmusik rund zu machen – er ist bombig unterhaltsam!

Ich umreiße kurz die Geschichte.

Sing (Stephen Chow) ist ein Gelegenheitsgauner, ein ganz kleines, kriminelles Licht in einer Stadt, die von der furchteinflößenden „Axt-Gang“ beherrscht wird. Seit er ein kleiner Knirps war, ist er davon überzeugt, es auf der Straße nur als Gangster zu etwas bringen zu können. Deshalb geben er und sein zweischläfriger, übergewichtiger Freund Gu sich gern als Mitglieder der Axt-Gang aus. Als sie auf diese Tour eine Siedlung mit dem charmanten Namen „Residenz Schweinestall“ reinlegen wollen, wird allerdings die echte Axt-Gang auf sie aufmerksam. Im Glauben, dass es sich bei den beiden Gaunern um echte Mitglieder handelt, gerät die Siedlung, in der augenscheinlich nur die einfachsten der einfachen Leute leben, ins Visier der Bösewichte.


Sing und sein vollschlanker Sidekick Gu träumen davon, bei der Axt-Gang mitzumachen
Gut nur, dass sich unter den Einwohnern neben allerlei Hirnis und Dummbatzen auch eine Handvoll waschechter Kung Fu Meister befindet. Es kommt also zur Auseinandersetzung zwischen Siedlung und Axt-Gang – in der Mitte der zwiegespaltene Sing. Schlägt er sich auf Seiten der Axt-Gang, deren Mitglied zu sein er sich so lange ersehnt hat, oder trifft er die moralisch richtige Entscheidung, den Siedlern zu helfen?

Die Antwort dürfte jedem klar sein – tut aber um ehrlich zu sein auch nicht wirklich was zur Sache. Der Film macht nicht wegen seiner Geschichte Spaß, sondern wegen seiner Inszenierung. Hier eine kleine Liste an Pluspunkten:
  • Die dt. Synchro ist auf einem brutal hohen Niveau. Zeitweise wird sogar an der Klasse von großen Hill/Spencer Meisterwerken gekratzt. Beispiele gefällig?
    • Die bärbeißige Vermieterin moniert den Wasserverbrauch der Siedlung und verbietet den Gebrauch von Wasser mit folgenden Worten: „Ab sofort gibt's montags, mittwochs und freitags gar kein Wasser mehr und dienstags, donnerstags und samstags wird's abgestellt!
      Daraufhin erwidert ein Bewohner, dessen Arsch ständig zur Hälfte aus der Unterbuxe rausblinzelt: „So kann ich doch nicht rumlaufen. Ich hab' zum zweiten Mal shampooniert! 
    • Ein Kung Fu Meister wurde im Kampf besiegt und liegt quasi im Sterben. Nachdem er erst einmal Spider-Man’s Onkel zitiert („Aus großer Kraft wächst große Verantwortung.“), legt er noch ein verkrampftes „I can’t get no satisfaction!“ nach, während er gleichzeitig den Löffel abgibt – Genial!
Zweimal shampooniert und kein Wasser mehr - die Lebensumstände in der Siedlung sind knallhart!
  • Die Kampfszenen sind ernsthaft großartig umgesetzt. Es ist viel Wirework und CGI im Spiel, aber die Choreographie der meisten Moves ist dermaßen over-the-top, dass trotzdem (oder gerade deshalb) jeder Kampf unterhaltsam und erinnerungswürdig daher kommt. Gibt’s schon zu Anfang des Films mächtig auf die Zwölf, wird mit jedem neuen Scharmützel noch eine Schippe draufgelegt. Jeder Kung Fu Meister hat dabei sein eigenes Repertoire an aberwitzigen Techniken und Spezialangriffen, die man so ganz sicher noch nirgends gesehen hat. 
    Die Actionszenen können sich allesamt sehen lassen.
  • Ein Gaga-Moment jagt den nächsten. So ziemlich jede Szene beinhaltet ein oder mehrere Details, die man oft gar nicht direkt mitbekommt. So befindet sich der Unterschlupf von Sing und Gu in einer Verkehrsampel. WTF?! Mich würde außerdem mal interessieren, wem alles beim ersten Mal aufgefallen ist, dass bei einem beiläufigen Kameraschwenk über die Residenz Schweinestall einer im Hintergrund auf seinen Wohnzimmerboden scheißt. Immer wieder hat man das Verlangen, zurück zu spulen, um sicher zu gehen, dass man das gerade eben richtig gesehen oder gehört hat.
    Die Verfolgungsjagd ist ein klares Indiz für Drogenmissbrauch!
Man kann also sagen, dass der Film auch bei mehrmaligem Ansehen so schnell nicht langweilig wird. Trotzdem vergesse ich irgendwie jedes Mal, wie viel Spaß der Film macht. Eigentlich schaue ich ihn nur an, wenn er zufällig gerade im TV läuft. Aber jedes Mal frage ich mich, warum ich den zugehörigen Silberling noch nicht im Regal stehen habe. Es wird Zeit, das demnächst mal zu ändern.

Das Kuriose dabei ist, dass ich vollkommen nachvollziehen kann, wenn jemand den Film kacke findet. Es sind bei der Produktion objektiv gesehen einfach zu viele Drogen im Spiel gewesen, als dass man den Film jedermann problemlos ans Herz legen könnte. Wer grundlegend gegen Filme dieser Machart nichts auszusetzen hat, sollte dem Streifen allerdings dringend eine Chance geben – vergleichbar wäre er etwa mit dem schon erwähnten Stephen Chow Streifen Shaolin Kickers (allerdings deutlich besser) oder Jackie Chan’s ultimatives Blödsinns-Meisterwerk City Hunter (allerdings nicht ganz so sagenhaft – wäre auch ziemlich unmöglich).

Hätte es Kung Fu Hustle schon vor 20 Jahren gegeben, wäre er meines Erachtens nach ein heißer Kandidat für unsere legendären Batsche-Abende gewesen – ein viel größeres Kompliment (oder Warnung) kann ich zum Film kaum aussprechen.

8/10 Punkte.