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Montag, 25. November 2013

Southland Tales

Okay, ich mach jetzt mal nen Schnellschuss, damit ich auch mal wieder was raus bringe... das dürfte sich der Donnie Darko Autor Richard Kelly vielleicht auch gedacht haben, als er das Script zu Southland Tales geschrieben hat... vielleicht aber auch nicht ...?

Jedenfalls ist das so ein Film bei dem man sich spätestens am Ende die Frage stellt: Was zum Teufel hab ich da bitte eben gesehen? Kurzum, eine Satire auf so ziemlich alles was nicht nur konservative Amerikaner in Rage versetzen dürfte, in 145 Minuten: Polizeigewalt, Medienberichterstattung, zivile Überwachung, Pornographie, häusliche Gewalt, Mord, Gewalt ganz allgemein, Rassismus, Krieg, Energiepolitik, Demokratie, Marxismus, Politik ganz allgemein, Lobbyismus, Zweiklassengesellschaft, und das alles in einer ziemlich undurchsichtigen biblischen Apokalypse (ja klar darf das Thema Religion nicht fehlen!), angereichert mit Zeitreisen und anderen SciFi-Elementen. Und wer sich jetzt fragt, ob ein komplettes One-Take Musikvideo mit einem blutverschmierten Justin Timberlake auch dabei ist, in dem er dem Alkohol und leichten Mädchen frönt, der sollte noch mal von vorne anfangen zu lesen.


Die ursprüngliche Fassung, die in Cannes gezeigt wurde, war übrigens etwa 3 Stunden lang und wurde regelrecht zerrissen. Man könnte jetzt natürlich sagen, völlig zu recht, der Film ist ein einziges Desaster. Ich meine, der Höhepunkt des Films verbindet nen schwebenden Eiswagen, nen selbstmordgefährdeten Kleinkriminellen, der auf selbigem steht und mit ner Bazooka nen riesigen Zeppelin in die Luft jagt, in dem gerade Dwayne "the Rock" Johnson und Sarah Michelle Gellar ne heiße Sole aufs Parkett legen.



Nun, vielleicht war es aber auch kalkuliert, einen so völlig überdrehten Film zu machen, vollgestopft mit Zitaten aus der Offenbarung gemixt mit unseren aktuellen Problemen aller Art, um sich darüber lustig zu machen, wie sehr Leute versuchen Sinn in das Ganze zu bringen. Wenn es so ist, dann wollen wir Richard Kelly doch auch hier den Gefallen tun und ein wenig diskutieren. Was haltet ihr vom Film? Wie interpretiert ihr die ganzen biblischen Referenzen? Was kann man aus dem Schlusszitat der Erzählers Pilot Abilene mitnehmen: “Revelation 21: And God wiped away the tears from his eyes so the new Messiah could see into the new Jerusalem, his name was Officer Roland Taverner from Hermosa Beach, California. He is a pimp and pimps don’t commit suicide.” Und habt ihr alle den kleinwüchsigen S.W.A.T. Polizisten gesehen?

Epilog: Ich meine, wofür sind Filme da? Um uns zu unterhalten, in erster Linie. Und das hat Southland Tales bei mir alle mal geschafft. Verstehe ich den Film? Sicher nicht so, wie ihr, dazu bietet der Film einfach zu viele Interpretationsspielräume. Macht es für mich Sinn, den Streifen mehrmals zu schauen? Allemal, denn man entdeckt eigentlich immer was neues. Man darf ihn nur nicht zu ernst nehmen :)

Montag, 11. November 2013

Gangster Squad – Krieg um die Stadt der Engel





Jeder Filmfan hat die Situation schon einmal erlebt: Man freut sich nach den ersten Trailern sehr auf einen bestimmten Film und dann werden nach und nach schlechte Kritiken veröffentlicht, die das eigene Interesse dann doch wieder deutlich schmälern. Das kann sogar so weit gehen, dass man sich letztendlich sogar gegen einen Kinobesuch entscheidet. So bei mir geschehen beim Film „Gangster Squad“ von Regisseur Ruben Fleischer (u.a. „Zombieland“). Hin und wieder kann dies sicher einen frustrierenden Filmabend verhindern. Letztendlich sollte aber jeder Filmfan so viel Vertrauen in seinen eigenen Filmgeschmack haben, um sich selbst eine Meinung zu bilden, ungeachtet der Aussagen einzelner Kritiker. Auch dies hat mich der Film „Gangster Squad“ gelehrt, nachdem ich mich schliesslich mit einiger Verspätung  doch noch dazu entschlossen habe, dem Film eine Chance zu geben.

„Gangster Squad“ spielt im L.A. des Jahres 1949. Der skrupellose Mickey Cohen – gespielt von Sean Penn – ist kurz davor Los Angeles und die gesamte Westküste unter seine Gewalt zu bringen. In einem durch Korruption, Gewalt und Angst gestützten System ist ihm durch den normalen Polizeiapparat nicht mehr beizukommen. Deshalb erhält der Kriegsveteran John O’MaraJosh Brolin – den inoffiziellen Auftrag, einen Geheimtrupp ins Leben zu rufen, um der übermächtig erscheinenden Organisation mit Massnahmen jenseits rechtsstaatlicher Mittel das Handwerk zu legen. Diese bunte Gruppe wird verkörpert von durchaus gestandenen Schauspielern wie Ryan Gosling, Robert Patrick, Michael Pena, Giovanni Ribisi und Anthony Mackie. Zwischen dieser Gangster Squad und dem organisierten Verbrechen entspinnt sich so im Verlauf des Films ein brutaler Strassenkrieg um die Seele der zerfallenden, korrumpierten Stadt der Engel, womit der Film ein intensives Setting für eine neue Art des Film Noir bereitstellt.

Ich schreibe hier absichtlich „neue Art des Film Noir“, da man durchaus geteilter Meinung sein kann, ob „Gangster Squad“ tatsächlich ein klassischer Film Noir ist. Allein die Optik des Films, wenngleich unzweifelhaft als Retro zu bezeichnen, spielt vielleicht teilweise mit einer zu intensiven und leuchtenden Farbpalette, um durchgängig als düster bezeichnet werden zu können. Und dann sind da die naiven Charakterzüge des filmischen (Anti-)helden John O’Mara, der tatsächlich glaubt, durch seine zweifelhaften Taten Gutes bewirken zu können. O’Mara und seine Mannen mögen glauben, L.A. sei gerettet, wenn sie Mickey Cohen das Handwerk legen können. John sieht den Gangsterboss als Krankheit, die es auszumerzen gilt, und nicht als Symptom eines korrupten und unheilbar kranken Systems. Ein deutlicher Unterschied zu den kalten, pessimistischen und desillusionierten Antihelden, die die Klassiker des Genres bestimmt haben. Auch die Frauenrolle, gespielt von der hinreissenden Emma Stone, mag nicht so recht in das klassische Konzept einer Femme Fatale passen, sondern kommt während des kompletten Films nicht über den Status einer damsel-in-distress und einer love-interest von Ryan Gosling‘s Charakter hinaus.

Jetzt kann man sich als Verfechter des klassischen Film Noir natürlich echauffieren und den Film und Regisseur für seine Interpretation der Dinge diskreditieren. Oder man freut sich schlicht und ergreifend darüber, 

1.      dass Ruben Fleischer uns Los Angeles in einem äusserst ästhetischen und so noch nie gesehenen Look präsentiert,
2.      dass Sean Penn und Josh Brolin in ihren Rollen förmlich aufgehen und wirklich intensiv und elektrisierend spielen,
3.      und dass Ryan Gosling und Emma Stone nach „Crazy, Stupid, Love“ ein zweites Mal beweisen, dass sie zusammen eine schlicht und ergreifend perfekte Chemie auf der Leinwand besitzen. 

Einige Kritiker bemängelten auch den laxen und unkritischen Umgang mit dem Thema Selbstjustiz und dass die Hauptfiguren ihre Taten zu wenig hinterfragen würden. In der Tat bekommt nur ein Teammitglied der sogenannten Gangster Squad Gewissensbisse und stellt nach einigen moralisch fragwürdigen Missionen die Frage, was genau das Team denn noch von einem Mann wie Mickey Cohen unterscheide. Natürlich kann man sagen, dass es sich der Film mit der Antwort „This is the only way…“ zu einfach macht. Auf der anderen Seite kann man es dem Film zu Gute halten, dass er die Frage überhaupt stellt. Und, um ganz ehrlich zu sein, muss man von einem Film, der einfach nur ein intensiver und unterhaltsamer Crime-Thriller sein möchte, eine glaubwürdige Antwort und eine zweistündige Charakterstudie erwarten?

Auch der explizite Einsatz von Gewalt wurde oftmals als unnötig, voyeuristisch oder auch effekthascherisch beschrieben. So ist der Film keine 5 Minuten alt, wenn der Zuschauer mit ansehen muss, wie ein Gefangener bei lebendigem Leib in der Mitte entzwei gerissen wird. Wer dabei allerdings wirklich nicht erkennt, welche Absicht der Film damit verfolgt, tut aus meiner Sicht dem Drehbuch und auch dem Regisseur Unrecht. Allein durch diese Anfangssequenz, auch oder eben gerade wegen ihrer Explizitheit, wird Mickey Cohen besser beschrieben, als es Sean Penn in hundert Monologen und Grossaufnahmen hätte darstellen können. Wenngleich Penn im Verlauf des Films noch einige denkwürdige Szenen bekommt, in denen er sein komplettes schauspielerisches Talent unter Beweis stellen und den Charakter vertiefen kann. Zweifellos ist es so, dass er von allen Beteiligten am längsten im Gedächtnis bleibt und Mickey Cohen seinen ganz eigenen Stempel aufdrückt. Und wenn sich die beiden Hollywood-Schwergewichte Penn und Brolin dann in Ihren Rollen als Cohen und O’Mara zu ihrem persönlichen und unausweichlichen Showdown treffen, so weht für mich durchaus auch ein kleiner Hauch von „Heat“ durch die Luft. 

So hatte ich als Zuschauer wirklich zu jeder Zeit das Gefühl, bei Ruben Fleischer, seinem Team und seinem Cast in guten Händen zu sein. Sicherlich ist „Gangster Squad“ nicht der neue „L.A. Confidential“ und, trotz meiner Referenz, auch nicht der neue „Heat“, aber das liegt nicht daran, dass die Macher gescheitert wären, sondern daran, dass sie es aus meiner Sicht gar nicht erst versucht haben. „Gangster Squad“ möchte etwas anderes, eigenständiges sein. Vielleicht mit etwas weniger Anspruch. Wenn man das anerkennt, dann kann der Film eine Menge Spass machen.