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Mittwoch, 12. August 2015

Rampage - Uwe Boll kann's auch toll

Mittlerweile als Alleinunterhalter in diesem Blog fungierend, erlaube ich mir eine enorme Anmaßung: Ich schreibe über einen UWE BOLL Film! Noch skandalöser als dieser Umstand an sich fällt vermutlich das Fazit aus. Das nur schon mal als Vorwarnung. Evtl. kann ich ja so meine inaktiven Kollegen aus der Reserve locken.
 

Der TV-Sender TELE5 hat sich in meinen Augen in den letzten Monaten in einer sonst tristen Zeit unaussprechlich schmerzhafter, deutscher Fernsehfolter zu einem Leuchtturm zeitweiligen Unterhaltungswerts gemausert. Hauptanteil hat hierbei vor allem die regelmäßig ausgestrahlte Trashfilm-Feier SchleFAZ, aber auch andere Themenabende sorgen immer wieder dafür, dass ich spontan beim Zappen hängen bleibe.
So geschehen neulich, als TELE5 eine ganze Woche dem deutschen Starregisseur Uwe Boll gewidmet hat, der übrigens jeden gezeigten Film in einer Art klassischer Anmoderation persönlich präsentieren durfte - geil!

Gottseidank verpasst habe ich Alone In The Dark, obwohl ich ja zugeben muss, den schon mindestens eineinhalb Mal gesehen zu haben. Im Anschluss sehe ich also, wie Mr. Boll höchst selbst seinen sozialkritischen Actionfetzer Rampage ankündigt.
Rampage? Bei dem Namen klingelte es schal südwestlich meines linken Stirnlappens. War nicht erst vor kurzem ein Video von Uwe Boll durch die sogenannten sozialen Netzwerke gegeistert, in dem er eine Schimpftirade auf etablierte Hollywoodgrößen ablässt und sich darüber echauffiert, dass sein eigenes neustes Projekt, das selbstredend im Gegensatz zum Bonbon-Actionrotz des ganzjährlichen, amerikanischen Actionkinos einen richtig guten Film ergäbe, keine Finanzierung zustande bekäme? Dem Smartphone sei Dank konnte ich parallel zum Filmbeginn Pete’s letzte SMS überprüfen und siehe da: Da war der Link auf eben jenes Wutpamphlet. Und der Name des Films, den Uwe Boll so gerne noch gemacht hätte lautete Rampage 3.

Derart angefixt blieb mir natürlich nicht viel anderes übrig, ich sah mir den Film an. Ganz.

Ein kurzer Umriss zum Inhalt: Der junge Bill Williamson (stark gespielt von Brendan Fletcher) lebt in einer amerikanischen Kleinstadt. Er kommt aus einem eigentlich geregelten Elternhaus, doch selbst mit dieser Ausgangslage schafft es Bill nicht, für sich einen Platz im allgemeinen Alltagsleben zu finden. Der introvertierte junge Mann hat das aber auch gar nicht vor. Statt sich einen guten Job zu suchen, trifft er sich lieber mit seinem einzigen Freund Evan (ebenfalls überzeugend: Shaun Sipos) zum Paintball-Spielen im nahegelegenen Waldstück. Das Duo hat sich offenbar gesucht und gefunden, denn abseits ihres Paintball-Hobbies eint sie ihre Abneigung gegenüber der etablierten Gesellschaft. Stundenlang schimpfen sie über die Regierung und festgeschriebene Werte und Strukturen.
Was die beiden jungen Männer jedoch unterscheidet, ist die Herangehensweise an das Thema. Denn während Evan seine anarchischen Gewaltphantasien großmäulig herumposaunt, tüftelt Bill an einer ganz eigenen Idee. Heimlich, still und leise hat er in seinem Zimmer nämlich eine beeindruckende Waffensammlung angehäuft. Nicht mal Evan weiß, dass er sich außerdem einen kugelsicheren Körperpanzer gebastelt hat. Mit einem exakten Plan im Hinterkopf legt Bill eines Tages seine Panzerung an und startet einen verheerenden Amoklauf.

Bill Williamson hält seine Weltanschauung per Webcam fest
Näheres will ich erstmal nicht verraten, denn ob man's glaubt oder nicht: Was Drehbuchautor und Regisseur Boll hier fabriziert hat ist weit weg davon, als Gülle bezeichnet werden zu müssen. Selbst die eigentlich simple Prämisse des Filminhalts lässt nicht auf die tatsächlich intelligente Geschichte schließen, die hier erzählt wird. Ich kann selbst nicht ganz glauben, dass ich das mal so explizit formuliere, aber mit Rampage ist Uwe Boll ein echt guter Film gelungen.

Inszenierungstechnisch geht Boll zudem kein Risiko ein. Vorbei scheint sie zu sein, die Zeit der CGI-Experimente, kruder Ausleuchtungsmissgeschicke oder Schnittfiaskos. Der einzige filmische Kniff, den er zeigefreudig anwendet, ist die heutzutage fast schon wieder altbackene Shaky-Cam und die passt zur Darstellung des Amokterrors eigentlich sehr gut. Von daher: Alles richtig gemacht!
Die Präsentation des eigentlichen Amoklaufs verkommt dadurch auch nie zum voyeuristischen Actionspektakel, sondern fußt möglichst nah an der Wirklichkeit. Diese realitätsnahe Darstellung sorgt dafür, dass der nicht komplett abgestumpfte Zuschauer sich durchaus unbehaglich fühlen darf.
Aber trotz des hohen Gewaltgrades gelingt Uwe Boll ein echt erstaunlicher Kunstgriff, indem er es schafft, den fast schon soziopathischen Protagonisten sympathisch zu machen! Und das alles, obwohl wir gar nicht viel von ihm erfahren. Warum entschließt er sich zu dieser Bluttat? Typische Klischees lässt Boll zum Glück außen vor. Bill hat keine Heavy Metal Poster in Zimmer, er läuft nicht rum wie ein Grufti und man sieht nicht wie er Killerspiele spielt. Erst zum Ende des Films wird seine Motivation näher beleuchtet, was schlagartig ein ganz neues Licht auf den Massenmörder wirft.

Eine private Waffensammlung und etwas Bastelgeschick - hoffentlich kommt keiner in Echt auf so eine Idee
Dadurch gewinnen auch einige vorherige Filmszenen plötzlich an Bedeutung. Wenn Bill offenbar wahllos Passanten erschießt, einen Kosmetiksalon aufmischt oder im Nebenbei noch eine Bankfiliale überfällt bleibt einem als Zuschauer fast gar keine andere Wahl, als psychologische Mutmaßungen zu stellen, um die eiskalte Bluttat in irgendeiner Form erklärbar zu machen. Dabei kommt Boll natürlich entgegen, dass sein Hauptdarsteller Brendan Fletcher die ganze Situation wirklich authentisch rüberbringt.
Zum Schlagwort Authentizität gibt es zudem eine beispielhafte Szene, die sich in einer Bingo-Halle abspielt und die ich wirklich äußerst gelungen finde. Der schwer bewaffnete Amokschütze betritt das Gebäude in voller Montur, doch die ganzen Senioren ignorieren die seltsame Gestalt entweder komplett oder bedenken ihn abfällig mit hochgezogenen Augenbrauen. Nachdem er von vorne nach hinten und zurück durch die Reihen geschlendert ist, verlässt er fast schon resignierend die Halle mit dem Kommentar: "Ihr braucht meine Hilfe wirklich nicht."
Die gesamte Situation wirkt sehr surreal aber trotzdem auf skurrile Weise realistisch - und zwar deshalb, weil sie genau das ist! Angeblich wurde die ganze Szene wirklich in einer echten Bingo-Halle mit echten Menschen gedreht, die gar nicht wussten, dass sie gerade Teil einer Filmszene sind. Die Art und Weise, wie da auf einen gepanzerten Mann mit Schusswaffen reagiert – oder besser – nicht reagiert wird, ist schon ein bisschen erschreckend.

Auch die Wirkung des Filmendes hat mich echt überrascht und in der Tat noch am nächsten Morgen beschäftigt - und ich will hier zum wiederholten Mal darauf hinweisen, dass wir hier von einem Uwe Boll Film sprechen. Wer hat ihm das zugetraut? Ich auf jeden Fall nicht.

Gerade zum Ende muss ich allerdings noch eine Warnung aussprechen: Versucht, den Film in einer ungeschnittenen Fassung zu sehen, falls euch der Name des Regisseurs nicht schon im Vorfeld abschreckt. Ich plädiere nicht für die ungeschnittene Fassung, weil man in der viel mehr Leichen zu sehen bekommt (was man tut) – der Film funktioniert nämlich auch wunderbar, wenn viele der Killshots entfernt werden, wie es in meiner gesehenen TV-Fassung nun mal der Fall war. Allerdings ist gerade die deutsche Filmversion auch inhaltlich geändert und zwar auf ärgerliche Art und Weise. Laut Boll’s eigener Aussage war er von der FSK gezwungen, das Filmende anzupassen, was nun aber im krassen Gegensatz zur eigentlichen Aussage des Films steht. Boll selbst sagt, dass er in dieser Form gar nicht auf die Idee gekommen wäre, den Film überhaupt zu drehen. Das Ganze grenze schon an Kulturzensur und es sei für ihn der bislang härteste Schlag, den er von der FSK einstecken musste.
Ich kann seinen Ärger verstehen – das Ende machte auf mich so wenig Sinn, dass ich anschließend im Internet Nachforschungen anstellen musste, um den tatsächlich geplanten Schluss zu sehen.

Die Brille beweist - der gute Uwe ist eigentlich ein cleveres Kerlchen
Alles in allem kann ich den Film also tatsächlich empfehlen, auch wenn man nach einem Mal vermutlich alles gesehen und keinen großen Anreiz mehr hat, den Film noch fünf weitere Male anzuschauen. Und wenn‘s nur ist, um mal zu sehen, dass Boll nicht nur dumm und schlecht kann.
Ich werde mir deshalb bei Zeiten mal noch Teil 2 zu Gemüte führen und je nachdem wie der abschneidet, drücke ich dann die Daumen, dass das mit der Finanzierung für Teil 3 noch klappt.

Gut gemeinte 6,5/10 Punkte.

Dienstag, 23. Juni 2015

Vom hypothetischen Kampf zwischen Löwe und Thunfisch

Danson (Dwayne „The Rock“ Johnson) und P.K. Highsmith (Samuel L. Jackson) sind die besten Cops in New York und der ganze Stolz des NYPDs. Beliebt wie Rockstars räumen sie im Hollywood-Stil mit coolen Sprüchen und völlig überzogener Gewaltanwendung in der Unterwelt auf. Dass selbst bei Festnahmen von Kleinkriminellen ein Sachschaden in Millionenhöhe zur Tagesordnung gehört, versteht sich da von selbst.

Für derartige Eskapaden auch noch verehrt und gefeiert zu werden hat allerdings auch Schattenseiten. Und so kommt es wie es kommen muss: In einem spektakulärem Anflug von Überheblichkeit und Selbstüberschätzung quittieren die beiden äußerst unfreiwillig den Dienst.

Das Verbrechertum der Stadt interessiert sich dafür natürlich herzlich wenig. Deshalb braucht das NYPD auch schnellstmöglichst adäquaten Ersatz, um die große Lücke im Außendienst zu füllen. Somit ist die Zeit gekommen für

Die Etwas Anderen Cops

Klar, dass sich einem so ein Karrieresprung nicht täglich bietet und deshalb entbrennt innerhalb des NYPDs ein heißer Konkurrenzkampf um die Nachfolge des heldenhaften Duos.
So sieht der ebenso hitzköpfige wie cholerische  übermotivierte Detective Terry Hoitz (Mark Wahlberg) seine große Chance gekommen, den verhassten Bürojob loszuwerden und endlich seinen Traum zu verwirklichen, frei wie ein Pfau (!) zu sein. Blöd nur, dass er mit einem Bürokratiefanatiker als Partner gestraft ist, dessen größte Erfüllung u.a. darin liegt, den Papierkram seiner Kollegen auf's Penibelste zu erledigen. Detective Allen Gamble (Will Ferrell), seines Zeichens Gutmensch mit dunkler Vergangenheit, hat mal so überhaupt kein Interesse an einer nervenaufreibenden Verbrecherjagd. Deshalb bearbeitet er auch lieber einen anderen knallharten Kriminalfall, bei dem es um das unaussprechliche Verbrechen von unvorschriftsmäßig aufgestellten Baugerüsten geht - skandalös!
Das lässt sein Partner natürlich nicht durchgehen und zwingt ihn buchstäblich mit vorgehaltener Kanone an die frische Luft.

Danson und Highsmith sind zwei echt toughe Motherfucker
Klar, dass sich die Ermittlungen an einem „richtigen Fall“ und Gamble’s langweiligem Papierkram bald schon kreuzen. Und das ist auch schon das größte Problem des Films.

Der etwas arg konstruierte Fall über die Verschwörung rund um einen dubiosen Finanzinvestor nimmt dem Film mit andauernder Laufzeit leider etwas den Wind aus den Segeln. Und das ist schade, denn solange man sich vor allem in der ersten Hälfte des Films noch weniger auf die Story als auf die unterschiedlichen Charaktere fokussiert wird ein spitzenmäßiges Gagfeuerwerk abgebrannt.

Ernsthaft. Was in der ersten Stunde des Films an einfallsreich witzigen Dialogen, völlig überzogenen Situationen und spaßiger Running Gags aufgefahren wird ist aller Ehren wert! Highlights sind dabei die gesamte Einführung mit dem rücksichtslosen Haudegen-Duo Danson/Highsmith, eine in einem Streitgespräch abgehandelte Theorie über den hypothetischen Kampf zwischen Löwe und Thunfisch, eine nicht ganz risikofreie Beweismittelaufnahme bei einer Ex-Freundin und irgendwie alle Szenen dazwischen, davor und danach.

"Ich rede von 'ner ernsthaften Sauftour. Saufen mit Terry Hoitz."
Die Darsteller sind dementsprechend auch mit offenbar großem Spaß bei der Sache. Mark Wahlberg, der sich in den letzten Jahren in meinem eigenen Empfinden sympathietechnisch von „Bäh“ bis „Hui“ gewandelt hat, gibt den ständig gereizten und übermotivierten Terry und Will Ferrell spielt Will Ferrell. Als ich die erste Handvoll Filme mit ihm gesehen habe, wusste ich noch nicht ganz, was ich von ihm halten soll. Sein Gastauftritt in Die Hochzeits-Crasher hatte mich allerdings zum Schmunzeln gebracht und spätestens seit Die Eisprinzen (meiner Meinung nach sein bester Film) bin ich ein Fan! Die Etwas Anderen Cops reiht sich direkt hinter diesem in meine persönliche Rangliste ein.

Neben den beiden Hauptdarstellern wird noch eine ganze Reihe anderer bekannter Gesichter aufgefahren, darunter der tolle Michael Keaton als deren Vorgesetzter, Eva Mendez als Allens Vorzeige-Ehefrau, Steve Coogan als Finanzinvestor und natürlich Dwayne „The Rock“ Johnson und Samuel L. Jackson als obercoole Supercops, die auch gern ihren eigenen Film bekommen könnten, wenn’s nach mir ginge.

Trotz absolut überzeugender Argumente hat Allen an seiner Frau ständig was zu mäkeln
Sollte man sich Die Etwas Anderen Cops nun anschauen oder nicht? Wenn einem der typische Ferrell-Humor liegt, auf jeden Fall. Ich würde ihn etwa als „schenkelklopfrigere“ Version der Starsky & Hutch Neuverfilmung beschreiben.

Wenn das Tempo des Films gegen Ende nicht so sehr in die Knie ginge, würde ich ihn noch höher bewerten. So bekommt er von mir

7,5/10 Punkte.

Dienstag, 7. April 2015

Ein Plädoyer für Drogenkonsum – Kung Fu Hustle

Drogen sind etwas Sonderbares.

Als gefährlich, ungesund und verwerflich verschrien, sorgten sie in der Vergangenheit querbeet in den verschiedensten Unterhaltungsmedien für bemerkenswerte Ergebnisse. Die Hochphase der Rockmusik etwa war nur durch ausufernde Drogenexzesse möglich. Entsprechende Bands ließen ihrer Kreativität freien Lauf und erschufen legendäre Alben, an welche anzuknüpfen nach erzwungenen Entzügen nicht mehr zu denken war.

In meinen Augen kann Kung Fu Hustle kaum anders entstanden sein.


Der chinesische Film von 2004 stammt vom schauspielernden Regisseur Stephen Chow, der hierzulande anderweitig am Ehesten durch die fußballerische Balla-Balla-Actionklamotte Shaolin Kickers bekannt ist, und ist eine bloße Aneinanderreihung von „What the f**k?!“-Momenten, deren Ursprung ausschließlich exzessivem Drogenkonsum zuzuschreiben sein kann.
Und um die Analogie zur Rockmusik rund zu machen – er ist bombig unterhaltsam!

Ich umreiße kurz die Geschichte.

Sing (Stephen Chow) ist ein Gelegenheitsgauner, ein ganz kleines, kriminelles Licht in einer Stadt, die von der furchteinflößenden „Axt-Gang“ beherrscht wird. Seit er ein kleiner Knirps war, ist er davon überzeugt, es auf der Straße nur als Gangster zu etwas bringen zu können. Deshalb geben er und sein zweischläfriger, übergewichtiger Freund Gu sich gern als Mitglieder der Axt-Gang aus. Als sie auf diese Tour eine Siedlung mit dem charmanten Namen „Residenz Schweinestall“ reinlegen wollen, wird allerdings die echte Axt-Gang auf sie aufmerksam. Im Glauben, dass es sich bei den beiden Gaunern um echte Mitglieder handelt, gerät die Siedlung, in der augenscheinlich nur die einfachsten der einfachen Leute leben, ins Visier der Bösewichte.


Sing und sein vollschlanker Sidekick Gu träumen davon, bei der Axt-Gang mitzumachen
Gut nur, dass sich unter den Einwohnern neben allerlei Hirnis und Dummbatzen auch eine Handvoll waschechter Kung Fu Meister befindet. Es kommt also zur Auseinandersetzung zwischen Siedlung und Axt-Gang – in der Mitte der zwiegespaltene Sing. Schlägt er sich auf Seiten der Axt-Gang, deren Mitglied zu sein er sich so lange ersehnt hat, oder trifft er die moralisch richtige Entscheidung, den Siedlern zu helfen?

Die Antwort dürfte jedem klar sein – tut aber um ehrlich zu sein auch nicht wirklich was zur Sache. Der Film macht nicht wegen seiner Geschichte Spaß, sondern wegen seiner Inszenierung. Hier eine kleine Liste an Pluspunkten:
  • Die dt. Synchro ist auf einem brutal hohen Niveau. Zeitweise wird sogar an der Klasse von großen Hill/Spencer Meisterwerken gekratzt. Beispiele gefällig?
    • Die bärbeißige Vermieterin moniert den Wasserverbrauch der Siedlung und verbietet den Gebrauch von Wasser mit folgenden Worten: „Ab sofort gibt's montags, mittwochs und freitags gar kein Wasser mehr und dienstags, donnerstags und samstags wird's abgestellt!
      Daraufhin erwidert ein Bewohner, dessen Arsch ständig zur Hälfte aus der Unterbuxe rausblinzelt: „So kann ich doch nicht rumlaufen. Ich hab' zum zweiten Mal shampooniert! 
    • Ein Kung Fu Meister wurde im Kampf besiegt und liegt quasi im Sterben. Nachdem er erst einmal Spider-Man’s Onkel zitiert („Aus großer Kraft wächst große Verantwortung.“), legt er noch ein verkrampftes „I can’t get no satisfaction!“ nach, während er gleichzeitig den Löffel abgibt – Genial!
Zweimal shampooniert und kein Wasser mehr - die Lebensumstände in der Siedlung sind knallhart!
  • Die Kampfszenen sind ernsthaft großartig umgesetzt. Es ist viel Wirework und CGI im Spiel, aber die Choreographie der meisten Moves ist dermaßen over-the-top, dass trotzdem (oder gerade deshalb) jeder Kampf unterhaltsam und erinnerungswürdig daher kommt. Gibt’s schon zu Anfang des Films mächtig auf die Zwölf, wird mit jedem neuen Scharmützel noch eine Schippe draufgelegt. Jeder Kung Fu Meister hat dabei sein eigenes Repertoire an aberwitzigen Techniken und Spezialangriffen, die man so ganz sicher noch nirgends gesehen hat. 
    Die Actionszenen können sich allesamt sehen lassen.
  • Ein Gaga-Moment jagt den nächsten. So ziemlich jede Szene beinhaltet ein oder mehrere Details, die man oft gar nicht direkt mitbekommt. So befindet sich der Unterschlupf von Sing und Gu in einer Verkehrsampel. WTF?! Mich würde außerdem mal interessieren, wem alles beim ersten Mal aufgefallen ist, dass bei einem beiläufigen Kameraschwenk über die Residenz Schweinestall einer im Hintergrund auf seinen Wohnzimmerboden scheißt. Immer wieder hat man das Verlangen, zurück zu spulen, um sicher zu gehen, dass man das gerade eben richtig gesehen oder gehört hat.
    Die Verfolgungsjagd ist ein klares Indiz für Drogenmissbrauch!
Man kann also sagen, dass der Film auch bei mehrmaligem Ansehen so schnell nicht langweilig wird. Trotzdem vergesse ich irgendwie jedes Mal, wie viel Spaß der Film macht. Eigentlich schaue ich ihn nur an, wenn er zufällig gerade im TV läuft. Aber jedes Mal frage ich mich, warum ich den zugehörigen Silberling noch nicht im Regal stehen habe. Es wird Zeit, das demnächst mal zu ändern.

Das Kuriose dabei ist, dass ich vollkommen nachvollziehen kann, wenn jemand den Film kacke findet. Es sind bei der Produktion objektiv gesehen einfach zu viele Drogen im Spiel gewesen, als dass man den Film jedermann problemlos ans Herz legen könnte. Wer grundlegend gegen Filme dieser Machart nichts auszusetzen hat, sollte dem Streifen allerdings dringend eine Chance geben – vergleichbar wäre er etwa mit dem schon erwähnten Stephen Chow Streifen Shaolin Kickers (allerdings deutlich besser) oder Jackie Chan’s ultimatives Blödsinns-Meisterwerk City Hunter (allerdings nicht ganz so sagenhaft – wäre auch ziemlich unmöglich).

Hätte es Kung Fu Hustle schon vor 20 Jahren gegeben, wäre er meines Erachtens nach ein heißer Kandidat für unsere legendären Batsche-Abende gewesen – ein viel größeres Kompliment (oder Warnung) kann ich zum Film kaum aussprechen.

8/10 Punkte.

Montag, 19. Januar 2015

Interstellarer Rant

Komme gerade aus Interstellar und muss sagen: richtig schlechter Film. Und damit beziehe ich mich mal gar nicht so sehr auf den Schluss, den ja viele andere (Hobby-)Kritiker anprangern. Der hätte mich wahrscheinlich mehr gestört, wenn ich nach fast dreistündiger Spielzeit irgendwelche emotionalen Aktien in die Charaktere oder das Schicksal der dargestellten, endenden Welt inverstiert gehabt hätte, anstatt darauf zu warten, das Mettwurst McConaughey (ernsthaft, der sollte mal zum Dermatologen) endlich das Zeitliche segnet (was er dann ja irgendwie auch macht, als er behutsam mit zwei Fingern an den Zeitfädchen zupft...).

Nein, mir geht es vielmehr um handwerkliche Punkte, denn wie Oli schon kurz in seinem Jahresrückblick erwähnt hat, wirkt der gesamte Plot sehr konstruiert. Charaktere tun Dinge, die nur schwer nachvollziehbar sind und daher viel mehr als Mittel zum Selbstzweck verkommen, wobei der Selbstzweck hier mehr ist, die CGI Muskeln spielen zu lassen als eine koherente Story voranzutreiben. Trotz der enormen Spielzeit und dem unzweifelhaften Versuch, eine Bindung zwischen Cooper (McConaughey) und seiner Tochter Murph aufzubauen und diese ins emotionale Zentrum der Geschichte zu stellen, transportierte diese Beziehung für mich nie die unmittelbare Bedrohung, nämlich, dass die Ganze Menschheit auf dem Spiel steht.
Dazu sieht man einfach zu wenig von der Welt, denn bis auf Coopers Familie und einer Handvoll NASA Nasen bekommt man von der Welt und ihrer Nahrungskrise nichts gezeigt. Die globale Bedrohung wird in einem Mikrokosmos dargestellt, der nicht sehr überzeugend aussieht und für mich eher so wirkte, als hätten der Cast, die Spezialeffekte und die ganzen GoPros das Budget aufgefressen, so dass man sich keine Dreherlaubnis in großen Städten mehr erlauben konnte (wobei, für Detroid hätte es doch sicher noch gereicht, oder? Da hätte man nicht mal so viel Umbauen müssen, um ne gute Darstellung einer globalen Krise zu bekommen...).
Allgemein wirkt "die Menschheit" im Angesicht ihrer fast unmittelbaren Ausrottung recht gelassen. Man geht zu Baseball-Spielen, hat genügend Ressourcen Kleidung trotz des ständigen Staubs sauber zu halten, Friseure scheinen auch alle noch zu arbeiten, und für ein tadelloses Makeup muss auch im Angesicht der Apokalypse noch Zeit sein. Überhaupt sollte man glauben, dass mehrere Regierungen auf die Idee kämen, ein paar Leute ins plötzlich aufgetauchte Wurmloch zu schicken (dessen Auftauchen im Übrigen nie erklärt wird, sondern, wie so vieles andere im Film, einfach passiert ist). Will sagen: die gezeigte Welt wirkt nicht glaubhaft und man hat das in anderen Filme, wie z.B. Contact oder Deep Impact schon wesentlich besser rüber gebracht. Und wenn jemand gegen diese Filme abstinkt, dann will das schon was heißen...
Wenn ein Film schon die gesamte Welt aufs Spiel setzt, dann will ich von dieser Gefahr auch etwas sehen, und nicht nur ständig davon erzählt bekommen. Gerade in so einem visuell ambitionierten Film kam mir das einfach zu kurz. Wieso wird mir dreimal gezeigt, wie schwer es ist, an eine Raumstation anzudocken, und das nur Mr. McCo(ck)naughey das auch bei einer Eigenrotation von 86 rpm kann? Verarbeitet Nolan damit irgendwelche privaten Probleme?

Zurück zum Cast: Keiner der Nebencharaktere war tief. Selbst Anne Hathaway, die ja kurz drohte in die Rolle des Love-Interest abzurutschen, verkam dann zur nichtsnutzigen, rumbitchenden Damsel in Distress, die nur dazu da war, schlechte Entscheidungen zu treffen und einen wahnwitzigen Monolog zum Thema Liebe abzuliefern, der ungefähr so gut zu ihrem abweisenden, kalten Charakter passte, wie ein Veganer zur World Championship im Hotdog-essen. Oh ja, und um uns nach gefühlten zwei Stunden daran zu erinnern, warum sie überhaupt mit an Bord dieser Mission ist, als sie Cooper beiläufig darauf hinweist, dass sie ja die Expertin ist, wenn es um das Bevölkern anderer Planeten geht (Exposition 101). Vermutlich wurde das schon früher im Film gesagt, aber zu diesem Zeitpunkt war es für mich so ein A-ha Effekt: deswegen ist die also da.

A-ha

Am Ende war sie dann wohl doch wieder sowas wie der Love Interest, was glaube ich Coopers Entscheidung, ein Raumschiff zu stehlen und wieder in ein Wurmloch zu fliegen, motivieren sollte. Vielleicht wollte er ihr zeigen, wo er das Andocken bei 86 rpm gelernt hat.

Aww Yeah!


Naja, ich könnte mich jetzt noch weiter über die völlig hineinkonstruierte Rolle von Matt Damon auslassen, mich über den lächerlich wirkenden Faustkampf auf dem Eisplaneten aufregen, oder mich fragen, warum Coopers Tochter am Ende ihren Vater quasi anstiftet, Brand zu suchen... (das ist ja quasi Brandstiftung!) sie weiß doch überhaupt nichts von den beiden (also ungefähr so viel wie der Zuschauer weiß)... aber dann müsst ich ja eigentlich doch ganz vorne anfangen und den ganzen Film auseinander nehmen und bei der indischen Drohne beginnen, die vermutlich nur dazu da war, um eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen (was nicht funktioniert hat), oder das plötzliche Auftauchen von Topher Graces Charakter erwähnen (dessen Namen ich nicht mal behalten konnte), der nur dazu war, dem Zuschauer von einer weiteren "unmittelbaren Bedrohung" zu erzählen (denn die paar leichte Huster von Murphs Schwägerin und ihres Neffen haben für mich jetzt noch nicht bedeutet, dass die beide kurz vor dem Exodus stehen), was dann zusammen mit dem völlig unerklärlichen Verhalten ihres Mannes (Coopers Sohn) einen weiteren völlig sinnfreien Konflikt erzeugte, der nur dazu da war, künstlich Spannung zu erzeugen, eine Art "letzte Chance" für Cooper, die "Formel" in Morse-Code (!) an seine Tochter zu übermitteln, da sie ja sonst nie wieder zurück zu ihrem Elternhaus kommen würde um die Uhr zu finden. Man sollte glauben, dass jemand, der irgendwie zwischen der Zeit hin und herschweben kann und sie physisch wahrnehmen kann, Zeitdruck nicht existiert, oder?


Murph hatte im Übrigen keinen Grund zu glauben, ihr "Geist" sei ihr Vater. Aber vielleicht war das ja die "Liebesdimension" von der Brand vorher gesprochen hatte, über die ihr das vermittelt wurde... bei dem Monolog hatte ich zugegebenermaßen zur Hälfte abgeschaltet.
Vermutlich war das aber der Schlüsselmoment, um die Ganze Geschichte zu verstehen: "All you need is love", wie der Philosoph Lennon einst verkündete. Aber wenn das schon die zentrale Botschaft eines dreistündigen Films sein will, wieso wird sie dann von dem kältesten Charakter übermittelt, der (auch das wird uns nur am Rande erzählt), in ein Mitlgied einer der vorherigen Missionen verliebt ist und deswegen lieber zu Planet X als zu Planet Y fliegen möchte. Lieber Christopher Nolan, mal unter uns: wenn Du möchtest, dass ich zwischen zwei Charakteren Affektion empfinden soll, wäre ein guter Anfang, mir zumindest beide Personen mal zu zeigen, und mir nicht nur am Vorbeigehen zu erzählen: die ist verliebt in einen.

So, nu aber wirklich Schluss, dass war ne Menge Rant für einen Filmemacher, den ich ja eigentlich ganz gern hab (und ich würde euch das auch zeigen, und nicht nur sagen, wenn ich könnte) und auch dafür, das Thema Zeitreisen oder allgemeiner Zeitmanipulation überhaupt nur kurz anzuschneiden. Ich bin gespannt, wo es mit Mr. Nolan in Zukunft hingeht, zumindest für mich waren sowohl The Dark Knight Rises als auch zuvor Inception Anzeichen, dass er so langsam unter seinen eigenen Ambitionen in die Knie gehen könnte. Interstellar nun ist für Nolan das was Prometheus für Scott war, zumindest gesellen sich bei mir beide Filme in die selbe Schublade, ganz unten, voller Staub und schwarzem Glibber.