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Donnerstag, 24. Januar 2013

Warrior – Family is worth fighting for



Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, weshalb es dieses Schmuckstück nicht schaffte, sein überschaubares Budget von 25 Millionen USD im Kino wieder einzuspielen. Genauso wenig kann ich nachvollziehen, dass der deutsche Kinogänger nicht einmal die Möglichkeit bekam, diesen Streifen im Kino zu bewundern. Stattdessen wurde Warrior als Direct-to-DVD Veröffentlichung auf den deutschen Markt geschleudert, als ob es sich hier um den vierten Ableger einer ausgelutschten Horror-B-Movie Reihe handeln würde. Nicht die allerbeste Werbung… und dementsprechend beschränkt ist auch der Bekanntheitsgrad des Filmes in Europa. Meine Bitte an den Leser lautet, sich von diesen Tatsachen zu lösen und dem Film eine Chance geben. Genau das habe ich getan und einen Blindkauf der BluRay gewagt. Mittlerweile habe ich den Film in einem Jahr dreimal gesehen und zähle ihn ohne Wenn und Aber zu meinen Lieblingsfilmen. Warum, will ich in den folgenden Zeilen erklären.


Warrior ist vordergründig ein (Kampf)sportfilm mit dem Thema Mixed Martial Arts (MMA). In dem Film von Regisseur Gavin O’Connor ruft ein reicher Promoter, dargestellt durch den Regisseur höchstpersönlich, zum Kampfsportevent SPARTA auf, bei dem die 16 besten MMA-Kämpfer der Welt im KO-Modus um ein Preisgeld von 5 Millionen USD („Winner takes it all“) kämpfen sollen. Bis hierhin könnte es sich auch um ein Remake von Jean-Claude Van Damme‘s Bloodsport handeln. Jedoch: Genauso wie der Mixed Martial Arts Trainer Frank Campana – gespielt von Frank Grillo – seine Kämpfer im Film auf unkonventionelle Weise trainiert, indem er Ihnen mit Beethoven-Musik Ruhe, Gelassenheit und Geduld zu vermitteln versucht, so ist auch die Umsetzung von Gavin O’Connor nicht das, was man vordergründig von einem Film dieser Art erwarten würde. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Film kommt um die handelsüblichen Standardmotive eines (Kampf)sportfilmes nicht herum. Ja, es gibt die Story vom völligen Aussenseiter, der (vielleicht?) das schier Unmögliche vollbringt. Ja, es gibt die handelsübliche Trainingsmontage à la Rocky I bis VI. Ja, es gipfelt alles in einem dramatischen Endkampf während der letzten Minuten des Films. Und auch die Frage, welche beiden Kämpfer sich in diesem Endkampf gegenüber stehen, ist spätestens nach wenigen Filmminuten bereits geklärt. Selbst der Klappentext der BluRay gibt diese Information bereits Preis.
  
Aber da gibt es eben auch mehr. Ein kleines Beispiel: Die Trainingsmontage ist mit einer rockigen Version von Beethoven’s „Ode to Joy“ unterlegt und allein deshalb schon irgendwie einzigartig. Es gibt auch nicht den einen klassischen Helden, mit dem das Publikum mitfiebert und der am Ende den brutalen und eindimensionalen Gegner – wie beispielsweise in jeglichen frühen Van Damme Filmen - besiegt. Auf der einen Seite gibt es Brendan Conlon (Joel Edgerton). Ein früherer durchschnittlicher MMA-Kämpfer, mittlerweile Physiklehrer, liebevoller Vater und Ehemann. Einzig die Angst vor der Pfändung des Hauses treibt ihn zurück in den Sport und nur ein glücklicher Umstand ermöglicht ihm die Teilnahme an SPARTA. Buchstäblich auf der anderen Seite steht dessen jüngerer Bruder Tommy Conlon (grandios: Tom Hardy), auf der Highschool ein begnadeter und ungeschlagener Ringer, mittlerweile ein desillusionierter Ex-Marine. Irgendwo dazwischen steht deren Vater Paddy Conlon (Nick Nolte), ein ehemaliger Säufer, der durch seine Alkoholsucht wohl hauptverantwortlich für die Zerrissenheit der Familie sein dürfte. Beide Söhne lassen ihn zu Beginn des Filmes spüren, dass das Band wohl unwiederbringlich zerrissen ist. Auch untereinander sind die Brüder tief zerstritten und speziell Tommy, der jüngere der beiden, kann seinem älteren Bruder, genauso wie seinem Vater, nicht verzeihen. Die Art und Weise wie Tom Hardy es fertig bringt, Tommy durch Gesten, Tonfall und Körperhaltung von seinem Bruder und seinem Vater zu isolieren, ist für mich eines der grossen Glanzlichter dieses Films. Zusammen mit seiner physischen Konstitution (Tom Hardy war sicherlich immer schon recht muskulös, aber seine Nacken-, Bauch und Rückenmuskeln in diesem Film sind schon sehr bemerkenswert und seine Statur erinnert bereits sehr stark an Bane in The Dark Knight Rises) ist dies im wahrsten Sinne des Wortes eine wuchtige Performance, die man so schnell nicht vergisst. Auch Nick Nolte muss man herausstreichen, der für seine Leistung sogar mit einer wohlverdienten Oscarnominierung als bester Nebendarsteller belohnt wurde.

Links: Tom Hardy zeigt, was er hat; Rechts: Nick Nolte als Paddy Conlon
All die Konflikte, die Vorwürfe und der Hass, welche sich in all den Jahren zwischen den beiden Brüdern (und auch ihrem Vater) aufgestaut haben und sich am Vorabend des Finales, bei ihrem ersten Treffen seit Jahren, in einem verbalen Streitgespräch manifestieren, entladen sich schliesslich in einem brutalen Kampf, bei dem der Zuschauer eigentlich keinen wirklichen Favoriten hat, sondern einfach hofft, dass die Protagonisten auf irgendeine Art und Weise wieder zusammenfinden. Und genau das ist letztlich die Stärke dieses Films und der Grund dafür, dass man ihn eben nicht nur als reinen Sportfilm bezeichnen darf. Denn dafür sorgt er sich viel zu sehr um seine Protagonisten und deren Beziehungen zueinander. SPARTA und der grosse Endkampf, all das ist letzten Endes nur das Ventil, mit dem Gavin O’Connor seinen Charakteren hilft, ihre Emotionen auszudrücken und zu entladen. So ist auch der Song „About Today“ von The National, welcher die letzten Szenen des Kampfes begleitet, sicher keine allzu intuitive Wahl um einen MMA-Kampf musikalisch zu untermalen, passt aber perfekt zur Beziehung der beiden Brüder und der emotionalen Entwicklung, die die beiden während des Filmes durchlaufen haben.
  
Wenn überhaupt, dann ist Warrior also mit Sportfilmen wie Rocky I, Million Dollar Baby oder The Fighter zu vergleichen, deren Drehbücher es den Charakteren ebenfalls erlaubten, Tiefe zu entwickeln. Rocky I erhielt 1977 übrigens drei Oscars, inklusive Bester Film und Beste Regie. Million Dollar Baby wurde mit vier Oscars ausgezeichnet, allesamt in den Hauptkategorien (Film, Regie, Hauptdarstellerin, Nebendarsteller). The Fighter erhielt immerhin zwei Oscars für die Nebendarsteller Christian Bale und Melissa Leo. Warrior dagegen scheiterte bereits an einem Kinorelease in Deutschland. Für mich völlig unverständlich, weshalb ich jedem nur wärmstens empfehlen kann, für einmal einen Blindkauf zu wagen.

Donnerstag, 10. Januar 2013

Unser Kinojahr 2012

Das Kinojahr 2012 ist Geschichte. Was waren die großen Highlights, was die großen Enttäuschungen? Welche Darsteller und Darstellerinnen haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen und welche Regisseure konnten mit ihrer Arbeit überzeugen? Diese und weitere Fragen wollen wir in unserem Rückblick zwar nicht allgemeingültig beantworten, aber zumindest diskutieren und versuchen, die Leser für unsere jeweilige Meinung zu gewinnen.

Starten wir doch für einmal nicht mit dem fertigen Film, sondern mit den Darstellern, die mit ihrer jeweiligen Performance einen großen Einfluss auf die Wirkung des Endproduktes haben. Hierbei drängen sich für mich zwei männliche Schauspieler auf, die einerseits 2012 in ihren jeweiligen Rollen mehr als überzeugten und die andererseits „gekommen sind, um zu bleiben“, wenn ich das mal so salopp formulieren darf. Joseph Gordon-Levitt verkörperte in 50/50, The Dark Knight Rises und Looper (unabhängig von der Qualität der jeweiligen Filme) gänzlich verschiedene Charaktere überzeugend und sympathisch und fügte seiner bisherigen Filmographie (unter anderem 10 Dinge, die ich an dir hasse, (500) Days of Summer, Inception) weitere großartige Performances hinzu. Michael Fassbender bewies im Independent-Drama Shame, dass er mit einem scheinbar unendlich großen Talent gesegnet ist und war als Android David aus meiner Sicht der einzige Lichtblick im ansonsten Totalreinfall Prometheus (dazu später mehr). Auf Seiten der Darstellerinnen ist Jennifer Lawrence nach Rollen in Winter’s Bone, Der Biber und X-Men: First Class mit ihrer Darstellung der Katniss Everdeen in Die Tribute von Panem endgültig in der ersten Liga angekommen. Der Schritt zum Superstar dürfte mit dem kommenden zweiten und dritten Teil gesichert sein, zumal sie für ihre aktuelle Rolle in Silver Linings Playbook bereits wieder mit Lob überschüttet wird. Aufmerksam machen möchte ich außerdem auf Chloë Grace Moretz, die 2012 in Hugo Cabret und Dark Shadows vorspielte, davor aber schon in Let me in und Kick-Ass überzeugte und zukünftig die Carrie im gleichnamigen Remake des Horror-Klassikers mimen wird. Auch hier scheint eine große Karriere vorprogrammiert.

Joseph Gordon-Levitt in 50/50, The Dark Knight Rises, und Looper (von links nach rechts)
Robbi, welche Namen kommen dir in den Sinn, wenn du an das Jahr 2012 zurück denkst?

Nun, zunächst Mal möchte ich ein paar der von Dir genannten Namen aufgreifen. Joseph-Gordon-Levitt schaffte es tatsächlich, für verschiedenste Genres gecastet zu werden und dabei auch neben Größen wie DiCaprio, Oldman und Willis nicht unter zu gehen. Aber ist sein Spiel wirklich schon facettenreich? Bleibt für mich abzuwarten. Michael Fassbender kommt wirklich gut an bei den Kritikern, mir fehlt bisher noch die Performance, die ihn für mich zu mehr als einen soliden Darsteller mit deutschem Gesicht macht. Allerdings habe ich Shame nicht gesehen. Jennifer Lawrence war wirklich gut in Silver Linings Playbook, an Ihre Performance in Der Biber kann ich mich leider kaum erinnern, aber wir werden sie in Zukunft sicher noch häufiger sehen.

Ich war ansonsten sehr begeistert von Alan Arkin, der ja schon lange zu einer festen Größe zählt, in Argo aber eine wirklich besondere Rolle hat. Ohne jetzt zu viel verraten zu wollen, hat er für mich die Figur des Filmproduzenten Lester Siegel so spannend gestaltet, dass ich nach dem Kinobesuch sofort wissen wollte, ob es ihn wirklich gab (da Argo ja auf wahren Begebenheiten beruht). Siegel ist allerdings erfunden, Arkin sagte aber, er nutzte Jack Warner (Gründer und einst treibende Kraft der Warner Bros. Studios) als Basis für seine Figur. Ich finde außerdem, dass Martin Freeman als Bilbo so ziemlich das Beste war, was Der Hobbit zu bieten hatte.

Alan Arkin und Ben Afflec in Argo
Bei den Damen gab es für mich auch keine wirkliche Offenbarung im Jahr 2012. Erwähnenswert ist aber Kara Hayward, die bisher nur in Moonrise Kingdom zu sehen war, für mich aber – genau wie Jared Gilman – super auf die zugedachte Rolle passte. Beide spielten immerhin neben Hollywood-Großkalibern wie Bill Murray, Bruce Willis, Edward Norton, Frances McDormand und Tilda Swinton. Hut ab.

Sicher müssten wir auch noch Daniel-Day Lewis erwähnen, der ja als Lincoln heiß für den Oscar gehandelt wird, allerdings habe ich den Streifen noch nicht gesehen (und mein Interesse hält sich in Grenzen).

Gab es für Dich denn irgendwelche Trends, die sich im Jahr 2012 manifestiert haben, oder neu aufgekommen sind? Für mich war es leider ein recht gesichtsloses Jahr. Viele der Sommerblockbuster wussten nicht richtig zu überzeugen (The Dark Knight Rises, The Avengers, Prometheus, Spiderman). Das Thema 3D hat seinen Durchbruch für meine Begriffe (mal wieder) verpasst. Ansonsten wiederholte sich vieles, was in den letzten Jahren bereits zu sehen war: Comicverfilmungen, Sequels, Reboots, und vollkommen unnötige Aufteilung von Geschichten auf mehrere Teile (siehe Harry Potter, Der Hobbit, Twilight). Man fragt sich mehr und mehr, wo die neuen Ideen bleiben, und warum wir die alten immer wieder konsumieren.

Ich gebe dir völlig Recht, die Tendenz mehr und mehr Adaptionen, Prequels, Sequels und Reboots zu produzieren, zeigt ein bisschen die allgemeine Ideenlosigkeit, in der Hollywood aktuell steckt.
Allerdings, und auch das hat uns das Kinojahr 2012 gezeigt, gibt es auch heute noch Regisseure (und es wird sie hoffentlich immer geben), die ihren eigenen Stil gefunden haben und die auch immer wieder versuchen, entweder neue Stoffe auf die Leinwand zu bringen oder bisher gesehenes in einer neuen Verpackung zu präsentieren. Die Liste dieser Filmemacher reicht von Namen wie Steve McQueen (Hunger, in 2012: Shame), Nicolas Winding Refn (Pusher Trilogie, Valhalla Rising, in 2012: Drive) und Michael Haneke (Funny Games, Das weiße Band, in 2012: Amour) bis zu Regisseuren wie Darren Aronofsky, Quentin Tarantino oder auch David Fincher. Dazu zähle ich auch Christopher Nolan, der sich mit innovativen Filmen wie Following und Memento einen Namen machte und anschließend mit Inception und der Dark Knight Trilogie bewies, dass man auch Blockbuster intelligent und anspruchsvoll verfilmen kann.

Somit bin ich an der richtigen Stelle angelangt, um für den in 2012 erschienenen The Dark Knight Rises eine Lanze zu brechen, der für mich die Trilogie zu einem würdigen Abschluss gebracht hat. Du schreibst, dass dich der Film nicht ganz überzeugen konnte. In Kritiken war teilweise auch weitaus Schlimmeres zu lesen. Die Tatsache, dass Nolan für einen Film dieser Güteklasse teilweise heftig kritisiert wurde, zeigt für mich, welchen Ruf er sich mittlerweile erarbeitet hat und was für Wunderdinge von ihm erwartet werden. Ich persönlich finde übrigens The Dark Knight Rises wie viele andere auch nicht ganz so beeindruckend wie den zweiten Teil, aber das dürfte eher daran liegen, dass The Dark Knight für mich einer der besten Filme der letzten 20 Jahre ist.

Um bei den Blockbustern zu bleiben, durchaus positiv habe ich auch The Avengers in Erinnerung. Weshalb? Nun, was konnte denn realistisch von dem Film erwartet werden? Emotionaler Tiefgang? Eine düstere Stimmung a la Batman? Mitnichten. Der Film nimmt sich selber nicht zu ernst und will ein kurzweiliger, witziger, unterhaltsamer und bombastischer Sommer-Blockbuster mit einer in sich stimmigen Geschichte sein und genau das ist er für mich auch.

Dies sind aber natürlich auch für mich nur zwei positive Beispiele aus einer mittlerweile großen  Masse an Blockbustern und ich muss dir grundsätzlich zustimmen, dass viele dieser sogenannten Blockbuster vieles vermissen lassen. Grund hierfür ist aus meiner Sicht, dass es mit Hilfe der mittlerweile extrem weit fortgeschrittenen Technik leider einfacher ist, bloße Schauwerte zu produzieren als eine gute Geschichte zu erzählen. In 2012 fallen mir da spontan Battleship, Zorn der Titanen und Prometheus ein. Speziell bei Prometheus war ich entsetzt, dass ein Regisseur wie Ridley Scott so wenig Wert auf die Geschichte und seine Charaktere legte und dass sich so viele Zuschauer durch die überragenden Special Effects blenden liessen. So viele Handlungsstränge laufen in diesem Film einfach ins Leere und die sogenannten „Wissenschaftler“ verhalten sich in 90% der Szenen in etwa so intelligent und schlüssig wie ein Haufen Vorschüler. Dementsprechend gehören diese drei Filme für mich auch zu den größten Enttäuschungen und schlechtesten Filmen 2012. Solange diese Art des Filmemachens jedoch (geldmäßig) funktioniert und gut drei Viertel der Kinogänger den Unterschied zwischen „Transformers-like“ Blockbustern und „Inception-like“ Blockbustern nicht erkennen, ist ein Umdenken leider auch nicht zu erwarten.


Beim Thema 3D gebe ich dir Recht, es hat für mich bis jetzt auch absolut seinen Durchbruch verpasst, weil einfach zu viele Filme in 3D produziert werden, bei denen es einerseits nicht gut ausgeführt ist und bei denen andererseits auch die Geschichte nicht wirklich davon profitiert. Dementsprechend gut finde ich beispielsweise die strikte Haltung von Christopher Nolan, seine Filme konsequent in gutem alten 2D zu drehen und stattdessen auf die hochentwickelten IMAX-Kameras zu vertrauen. Allerdings gibt es Filme, die gezeigt haben, wie es gehen könnte. Natürlich denke ich dort zu allererst an Avatar. Aber auch in 2012 gab es, wie ich finde, positive Beispiele. Martin Scorsese’s Hugo Cabret, der meiner Meinung nach als Kinderfilm völlig falsch vermarktet wurde, ist im Grunde nichts anderes als eine große Hommage an die Pionierzeit des Kinos und das Kino an sich. Dabei die Filme des Georges Méliès, einer der Begründer der sogenannten Special Effects, in eine herzergreifende Geschichte zu integrieren und diese dann in absolut perfekt gestaltetem 3D zu präsentieren, ist schlüssig und konsequent. Auch im Hobbit, wo 3D zum ersten Mal mit 48 Frames per Second gezeigt wurde, fand ich den Einsatz von 3D, nicht zuletzt wegen 48 fps, überzeugend.

Überhaupt finde ich, und da sind wir glaube ich beim großen „Streit-Thema“ des Jahres 2012 angekommen, die Verfilmung von Der Hobbit – Eine unerwartete Reise sehr, sehr gelungen. Unabhängig davon, dass auch ich es kritisch sehe, wenn aus einem recht dünnen Buch künstlich eine Trilogie gebastelt wird (da wird die Cash Cow eben ordentlich gemolken), hat mich der Film aus folgenden Gründen begeistert. Zum einen fand ich gerade den Einstieg im Auenland, der so oft als zu langatmig und zu ausführlich kritisiert wurde, perfekt. Diese erste Stunde, in der sich die Reisegruppe bei Bilbo Beutlin trifft und mit Bilbo (zunächst widerwillig) ihr 14. Mitglied findet, ist sehr nah am Buch gehalten und der Humor der Vorlage wird aus meiner Sicht einfach perfekt getroffen. Desweiteren fand ich auch jene Handlungsstränge, die im Vergleich zum Buch deutlich ausgebaut bzw. hinzugedichtet wurden, fast alle sehr gelungen. Insgesamt kann ich also die Generalkritik, dass der Film zu lang gewesen sei, nicht teilen. Ein letzer Aspekt, den ich zu dem Film erwähnen möchte, ist das aus meiner Sicht wieder phänomenale Casting. Weder für Bilbo (besetzt mit Martin Freeman), noch für den Zwerg Thorin (Richard Armitage) hätte man wohl einen besseren Schauspieler finden können. Insgesamt saß ich also von der ersten bis zur letzten Minute gebannt in meinem Kinosessel und war die komplette Zeit wieder in Mittelerde gefangen. Genau was ich mir von einer Hobbit-Verfilmung erhofft hatte.

Warum hat dies bei dir nicht so gut funktioniert Robbi?

Bevor ich auf Der Hobbit eingehe, möchte ich noch etwas mehr zum Thema 3D sagen. Natürlich kann man sagen, dass es ein tolles Erlebnis ist, einen Film wie Avatar in 3D auf einer Kinoleinwand zu sehen. Das führe ich aber in erster Linie darauf zurück, dass es für unsere Generation der erste abendfüllende Spielfilm ist, der diese Technologie gekonnt einsetzt. Die fantastische Welt, die man als Zuschauer zusammen mit dem Protagonisten erkundet, wirkt durch die Qualität des 3D-Effekts einfach…, ja, noch fantastischer.  Aber hat der Film (oder irgendein anderer) wirklich vom 3D profitiert, oder wurde der Effekt gar als Stilmittel oder narratives Element verwendet? Ich möchte das einfach mal mit der Einführung des Farbfernsehens vergleichen. Obwohl wir (sofern nicht farbenblind) das tägliche Leben „in Farbe“ genießen, waren die ersten Farbfernseher damals der absolute Knaller. Was aber wichtiger ist: Regisseure und Autoren erkannten, welches Potential Farben haben können, um beim Publikum bestimmte Reaktionen zu triggern, oder gar als subtiles narratives Element eingesetzt zu werden. So gibt es Filme, die ohne Farben schlicht nicht funktionieren würden. Ein naheliegendes Beispiel ist Pleasentville, der komplett in schwarz/weiß beginnt und in dem schrittweise Farben hinzugefügt wurden, während sich die Charaktere entwickeln. So entstanden, auch lange vor Pleasentville, unzählige Filterverfahren, um Stimmungen zu erzeugen, Farben wurden genutzt, um dem Zuschauer Indizien zu geben, die Story zu erzählen etc. Stell Dir The Blade Runner im Farbschema von Amélie vor. Auch das würde nicht funktionieren. Ist Dir ein Film bekannt, der ohne 3D gar nicht erst funktionieren würde? Wenn man bedenkt, wie lange es Stereoskopie bereits gibt, finde ich es ernüchternd zu sehen, dass Filmemacher über den allseits bekannten „in-your-face“ Effekt (im wahrsten Wortsinne) im Prinzip nicht hinaus gekommen sind. So gesehen ist von allen Filmen, die ich in 3D gesehen habe, Final Destination 4 derjenige, der am meisten „Nutzen“ aus der „neuen“ Technologie gezogen hat. Dort wurde quasi jede Todesszene „auf 3D optimiert“. Darauf könnte ich allerdings verzichten.

Womit wir beim Hobbit wären. Vorneweg: Ich fand den Film nicht miserabel. Unterhaltsame 169 Minuten, Mittelerde Feeling, toller Hauptdarsteller. Ähnlich wie Du fand ich den Start (speziell die Off-Erzählung des alten Bilbo zu Beginn, wie Smaug sich den Schatz krallt) sehr gelungen. Der Film erzählt für mich aber darüber hinaus keine in sich geschlossene Geschichte (und das sollte ein Film, auch, wenn er Teil einer Trilogie ist). In den letzten zwei Stunden passiert quasi fast nichts, was die Geschichte oder die Charaktere groß voranbringt. Stattdessen erlebt man eine wilde Kamerafahrt nach der anderen (ich hatte das Gefühl, um irgendwie den 3D Effekt zu rechtfertigen). Letztendlich hängt es natürlich immer von der Perspektive ab: Hab ich mich gut unterhalten? Ja. Hab ich mich zu Beginn an HdR erinnert gefühlt? Ja! Hat mich der komplette Mittelteil (Mischung aus Gore und Slapstick, gipfelnd im fetten Ork-König und der Flucht aus dem Berg) an Star Wars: Episode 1-3 erinnert? Ja! Gab es einen Schluss (abgesehen vom pathetischen Schulterschluss zwischen Bilbo und Thorin)? Nein. Würde ich etwas vermissen, wenn es Der Hobbit nicht geben würde? Nein.

Aber ich würde einiges vermissen, wenn es das Kinojahr 2012 nicht gegeben hätte. Denn für mich startete es mit absoluten Top-Filmen, wie The Artist, Drive, und Der Gott des Gemetzels. Auch, wenn dieses Niveau dann nicht gehalten werden konnte, waren für mich auch weitere Lichtblicke wie der von Dir bereits angesprochene und  toll diskutierte The Descendants  und Argo dabei, und trotz meiner Kritik bildete Der Hobbit irgendwie ein versöhnliches Jahresende. So schaue ich auch positiv auf das Kinojahr 2013.

In unserem Fazit kommen wir zum gleichen Schluss, nämlich dass das Kinojahr 2012 wunderbare Filme hervorgebracht hat. Über allen steht bei mir wohl Drive, dicht gefolgt von The Descendants und Shame. Aber auch sonst gab es noch viele andere Filme, die eine Erwähnung verdienen, von uns aber noch nicht gewürdigt wurden. Ich denke da beispielsweise an den wunderbaren Ziemlich beste Freunde, an Life of Pi, Take Shelter, My Week with Marilyn oder auch an Skyfall. Lass uns hoffen, dass 2013 dieses Niveau halten kann. Das wäre nicht das schlechteste, was uns passieren könnte.

Oli & Robbi